Trost neu
Sepulkralkultur
Analog zum Begriff Sepulkralkultur (lat. Sepulcrum = Grab), der die vielen Facetten im Kontext von Sterben und Tod umfasst, folgt die Abteilung Sterben – Tod – Bestattung – Trauer – Gedenken den Handlungsabfolgen bei einem Todesfall. Es wird den Fragen nachgegangen, wie sich Menschen einst mit dem Tod auseinandersetzten und wie sie sich auf das Sterben vorbereiteten, wie Bestattungen vollzogen wurden und wie Trauer, aber auch Gedenken und Erinnerung ihren Ausdruck fanden. Veranschaulicht wird dies an historischen Sammlungsstücken, ergänzt um Objekte aus der zeitgenössischen Kunst und dem Produktdesign. So werden nicht nur die Veränderungen einzelner Gegenstände der Sepulkralkultur erkennbar, sondern auch der Wandel im Umgang mit Sterben und Tod wird offensichtlich. Wir wünschen Ihnen interessante Einblicke in die Sepulkralkultur vergangener Zeiten und der Gegenwart!
Dagmar Kuhle | Außenbereich des Museums
Dagmar Kuhle | Wachsendes Grabzeichen
Friedhofsentwicklung in der Nachkriegszeit
Nach dem 2. Weltkrieg nahm die Friedhofskultur in den beiden deutschen Staaten eine unterschiedliche Entwicklung, die aber zum selben Ergebnis führte. In der BRD überließ man die Friedhofs- und Grabgestaltung dem freien Markt. Zwar bemühte man sich, auf den Grabmalmusteranlagen der Bundesgartenschau vorbildliche Grabmale zu zeigen, doch setzte sich in der Praxis das normierte Industriegrabmal durch, das seit den 1970er Jahren zunehmend als Fertigprodukt aus Indien importiert wurde. Es entstanden Friedhöfe ohne Athmosphäre, sie wurden "anonym", und die Folge waren die anonymen Beisetzungen. In der DDR litt die Friedhofskultur zunächst unter der Mangelwirtschaft. Daraus resultierte die einfache Form der Urnengemeinschaftsanlage (UGA) als ostdeutsches Pendant zur anonymen Beisetzung. Bald wurde daraus eine Ideologie, die in der UGA ein Symbol der Gleichheit aller Menschen in der sozialistischen Gesellschaft sah. Die weitest entwickelte Form war die Möglichkeit, die Asche zu verstreuen.
Die Friedhofsreformbewegung zu Beginn des 20. Jh.
Zurück zu ""Religion, Heimat und Handwerk“ lautete das Motto der Friedhofsreform Anfang des 20. Jh.. Das Feindbild waren die immer mehr monumentalisierten Friedhöfe. Stattdessen setzte man auf die Gleichheit aller im Tod und verordnete schlichte, handwerkliche Grabzeichen. „Schon Ordnung ist Schönheit“ lautete das ästhetische Leitbild des Münchner Stadtbaurates H. Grässel, der mit dem Waldfriedhof in München 1907 den ersten Reformfriedhof schuf. Die Ideale von Ordnung und Naturnähe erfassten die Friedhofsplaner in ganz Deutschland und wurden für das 20. Jh. prägend. Zur Vollendung gelangte die Synthese architektonischer Geometrie und landschaftlicher Modellierung in Skogskyrkogården in Stockholm, der 1917-1940 angelegt und ausgebaut und 1994 als einziger Friedhof der Moderne in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen wurde. Die Ideale der Friedhofsreform hatten Ende des 20. Jh. unter dem Einfluss der zum Selbstzweck erstarrten Richtlinien zur Verödung der Friedhöfe geführt.
Moderne Feuerbestattung und der Urnenfriedhof
Seit Karl dem Großen war die Feuerbestattung im christlichen Abendland verboten. Seit der Aufklärung und verstärkt im 19. Jh. setzten sich Ärzte, Sozialdemokraten und Freidenker für die Wiedereinführung ein. Man suchte nach einer hygienisch einwandfreien und kostengünstigen Bestattungsform. Die Atheisten sahen darin ein antikirchliches Fanal. Die Bewegung der Krematisten sammelte sich in Feuerbestattungsvereinen und nach der Erfindung einer geeigneten Verbrennungstechnik konnte 1878 in Gotha das erste Krematorium der Neuzeit eröffnet werden. 1934 wurde die Feuerbestattung der Erdbestattung rechtlich gleichgestellt und erreichte immer höhere Anteile. Gegenwärtig beträgt der Anteil bundesweit über 70%, regional in Nord- und Ostdeutschland über 95%. Für die Architekten war das Krematorium eine neue Bauaufgabe. Orientierte man sich zunächst an klassizistischen oder kirchlichen Bauformen, so gelang Fritz Schuhmachen mit dem Krematorium in Dresden-Tolkewitz, 1911 eine neue Formsprache.
Gerold Eppler M.A. | Industrialisierung der Grabmalkultur
Die Verbürgerlichung der Friedhofskultur im 19. Jhd.
Galt bisher das eigene Grab mit Grabmal als Privileg des Adel, Klerus und sozialer Oberschicht, so werden sie im 19. Jh. zu einem Teil des erstarkten Bürgertums. In stereotypischen Formen historischer Stile werden Familien- und Erbbegräbnisse errichtet und mit Grabgittern umzäunt. Die Reproduzierbarkeit des Kunstwerks durch Zinkguss und Galvanoplastiken ermöglicht die Nachahmung von Grabfiguren. Weitere neue Techniken wie das Gusseisenverfahren erlauben es auch unteren sozialen Schichten, ein eigenes Grabmal zu errichten. Vor diesem Hintergrund kann das 19. Jh. als Höhepunkt der Friedhofskultur gelten, und aus dieser Zeit stammen die meisten „historischen Friedhöfe“, deren Charme wir heute schätzen. Andererseits kann man in der nun beginnenden „Versteinerung“ und „Vermassung“ den Beginn eines Niedergangs sehen. Industrielle Formen verdrängen handwerkliche und künstlerische Gestaltungen. Besonderes beliebt waren die relativ billigen, industriell herstellbaren galvanoplastischen Figuren.
Gerold Eppler M.A. | Kremation
Dagmar Kuhle - Vom Kirchhof zum Friedhof
Gerold Eppler M.A. | Entwicklung der Grabzeichen
Konfessionelle Friedhöfe
Die Bestattung war seit dem Mittelalter eine religiöse Angelegenheit, und nur die Kirche unterhielt Friedhöfe für ihre Gläubigen. Missliebigen Personen wurde die Beisetzung auf dem Kirchhof verwehrt. Eigene Friedhöfe unterhielten die Jüdischen Gemeinden. Seit der Reformation gab es zudem evangelische Friedhöfe. Das Friedhofswesen war aufgeteilt nach Religion und Konfession. Ev. Friedhöfe wurden in der Regel außerhalb der Städte angelegt, denn die Nähe zur Kirche war aus religiösen Gründen nicht mehr nötig. Typisches Beispiel für einen solchen Friedhof ist der 1559 ausgebaute Stadtgottesacker in Halle. Er ist streng rechtwinklig angelegt mit Gruftanlagen entlang der Friedhofsmauern, genannt Schwibbögen, für die Erbbegräbnisse der reichen Oberschicht. Seit dieser Zeit verbreitet sich auch die Verwendung der Särge, während man zuvor meist nur Leichentücher nutzte. Die einfachen Menschen wurden dagegen im Innenraum des Friedhofs beigesetzt, und ihre Gräber waren nicht gekennzeichnet.
Der mittelalterliche Kirchhof
Seit Karl dem Großen war es Gesetz, die Toten auf den Friedhöfen bei den Kirchen zu bestatten; und die Feuerbestattung war verboten. Der Kirchhof war ein heiliger Ort, und die Nähe der Toten zu den Reliquien in der Kirche galt als notwendig für die Auferstehung. Die Gräber waren einfache Gruben, häufig Massengräber, die nicht gekennzeichnet und gepflegt waren. Wichtig war nicht das Grab, sondern das liturgische Totengedenken. Wurden die Kirchhöfe zu klein, wurden für Neubelegungen die Gebeine exhumiert und in Beinhäuser verbracht. Der H. Knoblochtzer zugeschriebene Holzschnitt (ca. 1488) zeigt das idealtypische Bild eines mittelalterlichen Friedhofs als »Lebensraum« der Toten, die hier sehr lebendig dargestellt sind. Um ihre Welt von der Welt der Lebenden zu trennen, ist die Friedhofsmauer unverzichtbar. Die „gefährdete“ Schnittstelle zwischen Toten und Lebenden, der Eingang, ist durch einen Beinbrecher (auch Hexengitter genannt) gesichert, den die Toten nicht überschreiten können.
Pathos, Todesgewissheit, Selbstdarstellung in der Barockzeit
In der Barockzeit war der Gottesacker ein Tummelplatz der Eitelkeiten gepaart mit Pathos und morbider Schönheit. Es entstanden die kunsthistorisch bedeutendsten Grabskulpturen, und nach dem Urteil von E. Ponofsky endete in dieser Epoche auch die Grabkunst. Doch während die Grobarchitektur und Grabplastik einen Höhepunkt erlebte, blieb der Friedhof selbst ein weitgehend gestaltloser Raum, in dem die Steine dominierten. Die unverblümte Darstellung des Todes, von Knochen und Gebein, korrespondiert mit der sprichwörtlichen barocken Lebenslust, die erst vor dem Hintergrund der Vergänglichkeit wirklich begriffen werden konnte. Man muss sich vorstellen, dass die „schrecklichen“ Bilder einst farbig gefasst waren. Die Friedhöfe müssen ein buntes Erscheinungsbild besessen haben.
Das Grab in der Natur
In der Aufklärung setzte sich in intellektuellen Kreisen die Vorstellung vom Grab in der Natur durch. In seinem „Ideen-magazin für Liebhaber von Gärten, englischen Anlagen und für Besitzer von Landgütern“ (1786-1806) empfahl J. G. Grohmann das „Grabmal im Garten in melancholischer Szene“. Man orientierte sich an antiken, klassizistischen Formen. Auch wenn der Friedhof noch in kirchlicher oder kommunaler Trägerschaft in geregelten Strukturen verblieb, ließ sich der Gedanke des naturnahen Grabes nie mehr verdrängen. Zu den ersten Theoretikern gehörte R. J. A. Voit mit der Schrift „Ueber die Anlegung und Umwandlung der Gottesäcker in heitere Ruhegärten der Abgeschiedenen“, 1825. Es folgte im letzten Drittel des 19. Jh. der landschaftlich angelegte Parkfriedhof und Anfang des 20. Jh. der Waldfriedhof. Zum Durchbruch gelangte das Grab in der Natur erst mit Friedwald und Ruheforst im 21. Jh. H. Kramers Künstler-Nekropole in Kassel 1992 war gewissermaßen Vorläufer der modernen Naturbestattung.
Der "moderne" Friedhof
Seit Ende des 18. Jh. entsteht der Friedhof, dessen Struktur bis heute für öffentliche Friedhöfe prägend ist. Er dient der geordneten und hygienisch unbedenklichen Bestattung der Toten. Die Anlage ist regelmäßig, und die Friedhofsfläche wird durch rechtwinklige Wegachsen erschlossen. Bepflanzungen mit Bäumen dienten zunächst der „Lufthygiene“ und sollten verhindern, dass Verwesungsdünste in die Stadt ziehen. Erst gegen Ende des Jahrhunderts mehren sich Stimmen, die Bepflanzung auch zur Verschönerung des Friedhofs zu nutzen. Eine Grabbepflanzung im heutigen Sinne entsteht erst nach der Mitte des 19. Jh. Voraussetzung war der Wegfall der Glassteuer 11848, die es Gärtnern erlaubte, entsprechende Pflanzen wirtschaftlich zu produzieren. Der Alte Friedhof in Bonn wurde außerhalb der Stadt in einem von Straßen umschlossenen Grundstück angelegt. Die Binnengliederung erfolgte durch zwei sich rechtwinklig kreuzende Wegachsen. Auch der Friedhof Köln-Melaten zeigt eine einfache Binnengliederung.
Der Friedhof als Landschaftspark im 19. Jh.
Der Wunsch nach Friedhöfen, deren landschaftliche Heiterkeit dem Tod die Düsternis nimmt, keimte in Europa, doch verwirklicht wurden die ersten Parkfriedhöfe in Amerika. 1931 wurde der Friedhof Mount Auburn in Boston eröffnet. Geschwungene Wege führen durch eine künstlich gestaltete Landschaft aus Hügeln und Gewässern. Locker darum verstreut waren die großen Grabstätten der Familien. Als Höhepunkt dieser Entwicklung gilt der Spring Grove Cemetery in Cincinnati, der seit 1855 vom schlesischen Landschaftsarchitekten Adolph Strauch gestaltet wurde. Mit dem Südfriedhof in Kiel (1869) und den Friedhöfen Riensberg und Walle in Bremen (1875) entstanden die ersten Parkfriedhöfe in Deutschland. Ihre Architekten Wilhelm Benque und Carl Jancke beriefen sich ausdrücklich auf amerikanische Vorbilder. Der berühmteste Parkfriedhof Deutschlands, zugleich mit 400 ha der größte Friedhof der Welt, ist der Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg. Von Wilhelm Cordes geplant wurde er 1877 eingeweiht.
Die Friedhofsmodelle von Herrnhut und Dessau
Zwei Friedhöfe, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, markieren den Übergang zum modernen Friedhof. Sie fanden nicht nur zu ihrer Zeit im 18. Jh. große Aufmerksamkeit, sondern galten auch zu Beginn des 20. Jh. in der sog. Friedhofsreformbewegung geradezu als prototypisch. Beide Friedhöfe zeichnen sich durch Ordnung und Schlichtheit in der Grabgestaltung aus. Glaubensflüchtlinge aus Böhmen hatten sich auf Einladung von Nikolaus Graf von Zinzendorf in Hernnhut (Oberlausitz) niedergelassen und gründeten dort die nach strengen christlichen Regeln lebende Herrnhüter Brüdergemeinde. Ihr Friedhof sollte ein Sinnbild der Gleichheit der Menschen vor Gott sein und Ausdruck der Hoffnung auf die Auferstehung der Toten. Auf dem von Wegachsen durchzogenen Friedhof sind nur kleine liegende Grabplatten zulässig. Sie bilden den schärfsten Gegensatz zur üppigen Grabskulptur der Barockzeit.
Lieblingsobjekte: Harry Kramers Brotköpfe
Kunstvoller Tod
Der Tod ist eines der großen Themen der Kunst. Doch ein einheitliches Todesbild, wie man es etwa in mittelalterlichen Totentänzen findet, existiert in der pluralistischen Gesellschaft nicht mehr. Entsprechend vielfältig und unterschiedlich ist die künstlerische Auseinandersetzung. Weil sich der Tod Erfahrung des Menschen entzieht, suchen Künstler nach Möglichkeiten, sich dieser letzten Erfahrung anzunähern. Oder sie hinterfragen sowohl die kollektiven als auch die individuellen Versuche, Erinnerungen Dauer zu verleihen. Mit Aktionen verweisen sie auf die Vermeidung des Themas in der Gesellschaft. Oder sie fragen mit leichter Ironie nach dem Sinn standardisierter Trauer- und Bestattungsriten. Die Autonomie der Kunst wird in einer Welt, in der Handlungsspielräume durch Gesetze, Verordnungen, Erlasse oder Normierungen eingeschränkt sind, genutzt, um Freiräume zu erobern.
Ganz in Schwarz
Um die Trauer auszudrücken, bildeten sich verschiedene Rituale. Sie werden hauptsächlich bei Bestattungen innerhalb der christlichen Liturgie sichtbar (z.B. Trauerpredigt, Gebete etc.). Das über lange Zeit wohl sichtbarste Zeichen von Trauer war die schwarze Trauerkleidung. Sie geht auf eine Kleiderordnung von Kaiser Karl dem Großen aus dem Jahr 808 zurück. Danach sollte die Trauerkleidung der Reichen – die einfache Bevölkerung hatte er noch nicht berücksichtigt – dunkel sein. Dies galt nur für den Moment der Beisetzung, entwickelte sich aber ab dem 16. Jh. In eine länger getragene Trauerkleidung. Im 19. Jh. Wurde sie schließlich in allen Sozialschichten üblich. Besonders markant war die im ländlichen Raum gebräuchliche Trauertracht. Sie gab Aufschluss über Trauerphase, Verwandtschaftsgrad sowie Tabus (z.B. Heiratsverbot, Tanzverbot). Es entstanden weitere Trauerartefakte, die auch dem Gedenken dienten und stets dunkel bzw. schwarz gefasst waren (z.B. Todesanzeigen, Trauerschmuck).
Lieblingsobjekte: Zimmerdenkmal
Zimmerdenkmal
Haare, Metall- und Glasperlen, Stoff, Pappe letztes Drittel 19. Jh. Neben Trauerschmuckstücken und Trauerbildern mit Haararbeiten waren im 19. Jh. auch dreidimensionale Zimmerdenkmale verbreitet. Die hier gezeigte Miniatur einer Grabstätte wurde u.a. aus Haaren in aufwendiger Handarbeit hergestellt und diente wahrscheinlich dem häuslichen Totengedenken. Die Darstellung eines Grabes, das von Trauerweiden überragt wird, war ein sehr beliebtes Motiv für die Herstellung von Totengedenken im ausgehenden 19. Jh.
Gedenkmünzen und Sterbemedaillen
Silber, Kupfer: geprägt Letztes Drittel 18. /19. Jh. Gedenkmünzen bildeten zeitgenössische Persönlichkeiten ab, wofür oftmals deren Tod Anlass bot (z.B. Ludwig van Beethoven). Weiterhin gab es Gedenkmünzen mit Totenschädeln oder anderen Symbolen der Vergänglichkeit. Sie standen im Dienst der Memento mori-Mahnung („Bedenke, dass Du sterblich bist!“) und konnten zugleich Insigne einer Leichenbruderschaft sein. Sterbemedaillen dienen hingegen zwar auch dem Gedenken, wurden aber als kleine Denkmale im Rahmen des Trauerzeremoniells und der Begräbnisfeierlichkeiten ausgegeben. Sie traten häufig im Zeitalter des Barock auf.
Schwarzer Trauerschmuck
Ketten, Ohrringe, Broschen Schwarzglas, Jet, Emaille 19. Jh. / frühes 20. Jh. Schwarzer Trauerschmuck kam im 19. Jh. auf. Zu seiner Popularität trug vor allem der englische Adel, insbesondere Queen Victoria (1837-1901) bei. Material und Farbe vermittelten neben der dunklen Kleidung den Gemütszustand der Trauer.
Schädel-Armreif mit Blechkiste - Bernhard Schobinger
Glas Blech 2008 Der Schweizer Schmuckdesigner Bernhard Schobinger erschafft seine Kreationen häufig aus Abfall und Alltagsgegenständen. Der Armreif entstand aus dem Glas grüner Giftflaschen aus Drogerien und Apotheken früherer Jahrzehnte. Aufgrund der darin aufbewahrten hochgiftigen Inhalte (z.B. Salmiak, Ameisen- oder Salzsäure) waren solche Flaschen mit einem Totenschädel über gekreuztem Gebein gekennzeichnet. Umgestaltet zu einem Schmuckstück liest sich das Motiv hingegen als Mahnung an die Vergänglichikeit (Memento mori) und ist dennoch dekorativ. Da der Begriff „gift“ im Englischen „Geschenk“ bedeutet, wird zusätzlich „eine todesverachtende Tollkühnheit“ (B. Schobinger) zum Ausdruck gebracht.
Memorialschmuck - Ringe und Schmuckdose
Silber, Gold, Perlen, Haar 18. Jh. Im Zeitalter der Aufklärung und sog. „Empfindsamkeit“, besonders zwischen 1780 und 1848 fand die Vanitas-Motivik Eingang in Schmuckstücke. D.h. Vergänglichkeitssymbole wie Gräber und Urnen wurden insbesondere auf Ringen abgebildet. Dadurch sollte im Sinne des „Memento mori“ (lat.: „Bedenke, dass Du sterben wirst!“) an die irdische Endlichkeit erinnert werden.
Micro-Urnen
sog. „Am-Urn-Lette“ Hersteller Fa. Völsing KG In diese kann ein Teil der Asche eingefüllt werden. Der Trauernde kann diese Miniurne dann zu Hause ausstellen oder als Anhänger um den Hals tragen. Die restliche Asche wird in einer normalen Urne bestattet. Trauerschmuck aus/mit Haaren Broschen, Kette, Ring Gold, Silber, Emaille, Haar 19. Jh. In der zweiten Hälfte des 19. Jh. wurden Vanitas-Motive (z.B. Urnen, Gräber, Särge) auf Schmuck zunehmend seltener. Der säkularisierte Gedenkschmuck rückte die Erinnerung an einen Verstorbenen in den Vordergrund. Dabei spielte die Verwendung von Haar eine immer größere Rolle. Da Haar nicht vergeht, besaß es einen hohen Andenken- und Erinnerungswert. Erst mit Beginn des 20. Jh. geriet Schmuck aus bzw. mit Haaren außer Mode.
Lieblingsobjekte: Regalsarg
Trauertracht
Leinen Baumwolle, Samt Seide, Wolle Ende 19. Jh. In manchen ländlichen Regionen wurde bis teilweise weit ins 20. Jahrhundert hinein zur Beerdigung und während der Trauerzeit eine eigene Trauertracht getragen. Die hier gezeigte stammt aus Lindhorst im Schaumburger Land. Die Art der Tracht richtete sich nach dem Verwandtschaftsgrad und der Länge der Trauerzeit. Beim Tod von Eltern, Kindern, Geschwistern oder Ehepartnern wurden folgende Trachten getragen: - im 1. Trauerjahr „Volltrauer“ (Tracht ist fast ausschließlich schwarz) - im 2. Trauerjahr „Halbtrauer“ (leichte Änderungen der Trachtenbestandteile) - im 3. Trauerjahr „Austrauer“ (Tracht wird heller bzw. bunter) Starben entferntere Verwandte, begann man mit der Tracht, die die „Halbtrauer“ anzeigte. Die Exponate zeigen, dass die Trauertracht der Männer gegenüber der weiblichen Tracht vergleichsweise schlicht ausfiel.
Dr. Ulrike Neurath | Trauerkleidung
Dr. Ulrike Neurath | Stockhausen Särge
Stockhausener Särge
Als Erbbegräbnis der Familie Stockhausen diente die Sakristei der evangelischen Kirche in Trendelburg. Die Grablege wurde wegen Renovierung der Kirche 1977/78 geräumt. Die Särge gelangten zunächst ins Hessische Landesmuseum nach Kassel, später ins Museum für Sepulkralkultur. Bis Ende des 18. Jh. weisen die Särge eine reichhaltige Ikonografie, vor allem Vergänglichkeitssymbole auf. Vereinzelt abgebildet sind auch Engel-Köpfe, die das Seelengeleit sowie die Hoffnung auf Auferstehung symbolisieren. Auch Sterne kommen vor, die für den Himmel als Aufenthaltsort der Seele sowie für das geistige Licht im Gegensatz zur Finsternis stehen. Gestaltungsmerkmale sind außerdem das Familienwappen, Bibelverse sowie biografische Angaben. Erst die Särge des 19. Jh. sind schmucklos und ohne Inschriften. In den Särgen wurden auch verschiedene Kräuter gefunden. Sie sollten den Verwesungsgeruch überdecken. Mit Stroh gefüllte Kissen und aus Hobelspäne waren hingegen dafür gedacht, Flüssigkeit aufzusaugen.
Konduktsarg
Holz, Metall Maßstab 1:5 Nach einem Sarg aus der Zeit Joseph ll., um 1784 Konduktsärge dienten lediglich dem Transport Verstorbener zum Grablegungsort. Mittels Klappmechanismus am Boden, konnte der Leichnam direkt ins Grab hinabgleiten. Sie waren deshalb auch als „Ausschütttruhen“ oder „Sparsärge“ geläufig. Teils bis ins 19. Jh. waren Särge für ärmere Bevölkerungsschichten keine Selbstverständlichkeit. Aus finanzieller Not, vor allem aber in Krisen- und Seuchenzeiten griff man auf wiederverwendbare Särge zurück. Nach der Begräbnisreform durch Joseph ll. 1784 waren jene Särge für einige Jahre für alle sozialen Schichten in den österreichischen Gebieten verbindlich, wogegen jedoch bisweilen heftig protestiert wurde.
Dr. Ulrike Neurath | Särge
Im Dienst von Sterben und Tod
Starb ein Mensch und ist der Tod vom Arzt offiziell bestätigt, muss die Beisetzung organisiert werden. Was früher die Familie tat, übernimmt heute der Bestatter. Bis ins 20. Jh. hinein boten oft Nachbarn ihre Unterstützung an. Praktische Hilfe leisteten auch Leichenbitterinnen, indem sie Leichname wuschen und herrichteten. Aufgabe der Leichenbitter war es dann, einen Todesfall bekannt zu geben und die Einladungen zur Bestattung im Namen der Hinterbliebenen auszusprechen. Der Dienstleistungsberuf des Bestatters etablierte sich erst im Laufe des 20. Jh. Seine Wurzeln hat er im Fuhrwesen sowie im Tischler- und Schreinerhandwerk, bei denen nämlich früher der Sarg bestellt wurde. Oft halfen sie auch bei der Bestattungsorganisation. Heute gibt es viele weitere Berufe rund um Sterben und Tod, darunter Kranken- und Altenpfleger sowie Hospizmitarbeiter. Sie arbeiten in Institutionen, die inzwischen zu den gängigen Sterbeorten zählen. Das Sterben Zuhause ist dagegen seltener geworden.
Utensilien zur Pflege und Herrichtung des Leichnams
Schminke Geruchsblocker, Augenkappen, Watte Augenkappe, Kinnstütze, Einstreu 2008 Bestatter haben unter anderem die Aufgabe, einen Leichnam zu waschen, zu kämmen und ggf. zu rasieren. Manchmal müssen auch Wunden genäht und kaschiert werden. Geschminkt wird in der Regel nur dezent. Mithilfe von gewölbten Augenkappen, die unter das Lid geführt werden, bleiben die Augen geschlossen. Das Schließen des Mundes erfolgt mittels Kinnstütze, die den Unterkiefer nach oben drückt. Eine Kinnstütze wird nur kurz nach Todeseintritt verwendet, wenn Angehörige den Verstorbenen noch einmal sehen möchten. Der Mund selbst wird mit Füllwatte ausgeformt. Später wird der Mund vernäht. Nachdem der Verstorbene angekleidet worden ist, wird er in den Sarg gelegt. Dieser enthält neben der Sargwäsche ein flüssigkeitsbindendes Einstreumittel. Außerdem werden Geruchblocker verwendet, die versprüht oder unter die Sargdecke gegeben werden.
Uhr
Holz, Metall Um 1900 Uhren sind Zeitmesser, symbolisieren aber ebenso Vergänglichkeit. Im Volksglauben galt der plötzliche Uhren-Stillstand als Todesvorbote. Uhren wurden beim Tod eines Familienmitglieds aber auch angehalten, um die Unterbrechung des Alltags und die Abschiednahme zu signalisieren. An das Ticken der Uhren war wiederum oft die Befürchtung geknüpft, die Totenruhe würde gestört, die Seele käme deshalb nicht zur Ruhe und fände somit auch nicht den Weg ins Paradies.
Totenwaschschüssel
Irdenware; glasiert 2. Hälfte 19. Jh. Bis zur Etablierung des Bestatterberufs ab Ende des 19. Jahrhunderts, oblag die Totenfürsorge einschließlich Leichenpflege der Familie. Zur Leichenpflege gehörten Toilettenartikel wie Bürste, Kamm, Seife, Waschtücher, Rasiermesser und auch eine Waschschüssel. Nach ihrer Benutzung wurde sie zerschlagen oder ein Loch in deren Boden getrieben und aufbewahrt. Dies geschah, weil die Schüssel mit dem toten, als unrein angesehenen Körper in Berührung gekommen war und deshalb unbrauchbar gemacht werden musste, um Unheil abzuwenden. Die übrigen mit dem Leichnam in Berührung gekommenen Toilettenartikel wurden in den Sarg gelegt.
Kräuter
Lavendel, Rosmarin, Lorbeer; getrocknet Rezent Früher wurden Kräuter in den Sarg gegeben, um Verwesungsgeruch zu mildern. Manchen Kräutern wurde außerdem eine apotropäische, d.h. unheilabwehrende Wirkung nachgesagt. Des Weiteren besaßen manche Pflanzen eine religiöse oder sepulkrale Symbolik. Z.B. war Lavendel ein Symbol für Reinheit, Erinnerung und Abwehr des Teufels; Rosmarin für Gedenken, Liebe, Tod sowie Unsterblichkeit; Lorbeer für Reinigung, Frieden und Triumph.
Straßenkreuze - Wiederbelebung eines alten Brauches
Seit dem Ende des 20. Jh. dokumentieren Straßenkreuze Orte, an denen Menschen den Unfalltod starben. Insbesondere für die Angehörigen von jungen Verkehrsopfern sind die Gedenkstätten am Straßenrand oft wichtiger als das eigentliche Grab. Die Sitte, Unfallkreuze am Straßenrand zu errichten, ist ein in der Gegenwart neu entstandener Brauch. Obwohl schon Dissertationen zu diesem Thema geschrieben wurden, ist bis heute ungeklärt, wodurch er ausgelöst wurde. Nur formal knüpfen die Unfallkreuze an die Tradition der sog. Marterl an, die ebenfalls an Orten errichtet wurden, wo Menschen durch einen Unfall zu Tode kamen. Ihr Hintergrund war ein religiöser, denn die Marterl ermahnten den Vorübergehenden, ein Gebet für die Arme Seele zu sprechen, weil sie einen jähen Tod – ohne Empfang der Sterbesakramente – gestorben ist. Ohne geistlichen Beistand und ohne Sterbesakramente aus dem Leben zu scheiden, bedeutete den Verlust des Seelenheils.
Totenzettel
Lithografien 19. Jh. Totenzettel, auch Sterbebildchen genannt, sind eine besondere Form des Totengedenkens im Katholizismus. Sie wurden bzw. werden während der Trauerfeier an die Trauergemeinde herausgegeben oder mit den Danksagungskarten verschickt. Sie dienen der Erinnerung und als Aufruf zum Gebet für die Seele des Verstorbenen. So lange jeder Kirchenbesucher sein eigenes Gebetbuch besaß, wurden die ausgegebenen Totenzettel dort hineingelegt und aufbewahrt.
Die Trauerfeier hat in aller Stille stattgefunden…
Der Lebensweg eines Menschen wurde früher mit einem christlichen oder, wie man es auch nannte, mit einem ehrlichen Begräbnis vollendet. Aus jeder Familie nahm mindestens einer am Leichenbegängnis teil, und wer dem Leichenzug begegnete, zog den Hut und blieb einen Moment stehen. Mit einem ehrlichen Begräbnis ist eine Bestattung gemeint, die traditionell öffentlich auf dem Friedhof begangen wird. Ausgeschlossen von einem solchen Begräbnis waren z.B. Verbrecher, Ungetaufte oder die Angehörigen sog. unehrlicher Berufe. Heute finden viele Bestattungsfeiern im engsten Familienkreis statt. Eine zunehmende Zahl von Menschen wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit und ohne jede Feier bestattet, z.B. bei der Bestattung von Obdachlosen. Dies nennen die Bestatter „einfacher Abtrag“. Auch die Kondolenz ist keine Selbstverständlichkeit mehr. Immer häufiger formulieren Todesanzeigen: „Von Trauerbezeugungen am Grab bitten wir Abstand zu nehmen.“
Blumenbukette
Blech: farbig gefasst Frühes 20. Jh. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jh. setzten sich frische Schnittblumen als Grabzierde in Vasen durch. Zuvor wurden oft künstliche Blumen und Bukette verwendet, z.B. aus Papier oder Blech.
Vom eigenen Grab zur anonymen Wiese
Im 19. Jh. war das eigene Grab für jeden Verstorbenen eine neue Errungenschaft. Bis dahin fanden die Toten der „unteren Schichten“ ihre letzte Ruhe oft in gemeinschaftlichen Gruben, und nur für die Privilegierten gab es Grabstätte und Grabstein. Ein Grabbrief vom Friedhof Ohlsdorf in Hamburg dokumentiert die Bedeutung des Grabes als wertvollen Besitz der Familie. Das Grab entwickelte sich zum Ort des Gedenkens und wurde entsprechend geschmückt. Solange Schnittblumen teuer waren, nutzte man industriell hergestellte Blechblumen. Heute scheuen viele Menschen den zeitlichen und finanziellen Aufwand für eine Grabstätte, weshalb sie sich für eine anonyme Beisetzung entscheiden – auch um ihre Angehörigen zu entlasten. Zunehmend beliebter wird auch die Bestattung im Friedwald. Diese Form der Naturbestattung wurde aus der Schweiz importiert. Neben der Seebestattung oder dem Verstreuen der Asche in der Natur signalisiert der Friedwald die beginnende Auflösung herkömmlicher Friedhofsstrukturen.
Gedenktafeln
Porzellan, Emaille, Fotokeramik 1850-1900 Seit 1850 war die Übertragung von Fotografien auf Porzellan oder Emaille möglich. Entsprechende mit Fotografien oder auch nur mit Inschriften versehene Täfelchen fanden daraufhin vor allem auf Grabstätten Anklang. Im Zuge der Friedhofsreformbewegung galten solche Gedenkzeichen spätestens ab Anfang des 20. Jahrhunderts als störender Kitsch und wurden verboten. Seit den 1990er Jahren erlebt die Fotokeramik allerdings eine Renaissance, insbesondere in romanischen Ländern.
„Heiner Schmitz“
Doppelporträt Walter Schels 2004 Hospize bieten Schwerstkranken die Möglichkeit, ihr Lebensende so schmerzfrei und bewusst wie möglich zu verbringen. Wer hier einzieht, weiß, dass er nicht in seine Wohnung zurückkehren wird. Durchschnittlich stehen in Deutschland 40 Betten je eine Million Einwohner zur Verfügung. Der Bedarf wird auf 50 Betten je eine Million Einwohner geschätzt. International wird er höher angegeben. Die Journalistin Beate Lakotta und der Fotograf Walter Schels baten unheilbar Kranke im Hospiz, sie in den letzten Tagen und Wochen begleiten zu dürfen. Aus diesen Begegnungen entstanden einfühlsame Porträts, die Bestandteil der Ausstellung „Nochmal leben vor dem Tod“ waren.
Rosenkranz-Ketten
Holz, Silber, Bein, Leinen 19. Jh. Rosenkranzketten sind Vers-Zählketten für das im katholischen Glauben beheimatete Rosenkranzgebet. Einige dieser Ketten haben Anhänger, die die Leidenswerkzeuge Christi darstellen. Diese spiegeln sogleich die Inhalte des Rosenkranzgebetes wider: Marienleben, Leidensweg, Jesu Christi, Auferstehung und Himmelfahrt.
Reliquiendosen
Holz, Glas, Folie, Flitter Metall 18/19. Jh. Reliquien dienten der Verehrung Heiliger. Ihnen wurde zugleich eine von den Heiligen ausgehende Wirkkraft zugesprochen. Kleinste Reliquienpartikel wurden in Dosen bzw. Kapseln aufbewahrt und dienten dem persönlichen Schutz. Amulette oder Skapuliere (kissenförmiges Amulett über dem Ordensgewand) wurden aus den gleichen Gründen verwendet."
Vom Rosenkranz zum Vorsorgevertrag
Für den Menschen zählt die Gewissheit des Todes zum ständigen Begleiter. „Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen…“ lautet der Kehrvers im AVE MARIA des katholischen Rosenkranzgebetes. Die Gebetszählschnur – der Rosenkranz – erinnert an diese Bitte um Schutz in Nöten. Dieser kostbare Rosenkranz besitzt aus Elfenbein geschnitzte Anhänger, die die Leidenswerkzeuge Christi zeigen – auch Waffen Christi genannt – mit denen er Tod und Teufel überwand. Ein Skapulier (lat. Schulterkleid) war ursprünglich Teil einer Ordenstracht. In der Volksfrömmigkeit waren es kleine Stofftäschchen, mit schützenden Reliquien und Heiligenbildchen versehen, die man an Bändern bei sich trug. Heute tragen viele Menschen einen Organspendeausweis bei sich oder haben im Hinblick auf den eigenen Tod ein Testament verfasst und einen Vorsorgevertrag abgeschlossen.
Betrachtungs- und Memento-Särglein
Holz, Glas, Folie, Flitter, Metall, Wachs 18./19. Jh. Kleine Särge mit teils miniaturisiertem Leichnam, die den Betrachter zu einer gottgefälligen Lebensführung angesichts irdischer Endlichkeit gemahnen sollten (Memento mori)."
„Spiegel OM WEL TE STERVEN“
loannes Stichter Amsterdam 1694 Das Buch zählt zu den bekanntesten Beispielen der Literaturgattung „Ars moriendia“ (die Kunst des guten bzw. richtigen Sterbens). Es ist eine Art Ratgeberliteratur, die die Gefahren der Sterbestunde erläutert und Anweisungen zum guten und richtigen Verhalten im Sterben gibt.
Die Vorstellungen von einem "guten Tod"
"„Gedenke, dass du sterblich bist!“ (lat.: „Memento mori“!) Seit der Renaissance machten sich Menschen mittels sogenannter „Memento mori Objekte“ diese Tatsache bewusst. Charakteristisch sind die sogenannten Betrachtungs- oder Tischsärglein aus der Zeit zwischen dem 17. und 19. Jh.. Neben der Mahnung zu einem frommen Leben drückten solche Gegenstände den Wunsch aus, einen guten, bewussten Tod sterben zu dürfen, um mit den heiligen Sterbesakramenten versehen werden zu können. Heute ist die Vorstellung von einem „guten Tod"" eher geleitet von der Hoffnung, zumindest schmerz- und angstfrei sterben zu können. Ein Sterben in Würde und Selbstbestimmung zu ermöglichen, ist Ziel der Hospizbewegung. Hospiz bedeutet so viel wie Herberge. Zu unterscheiden sind stationäre und ambulante Hospize. Letztere wollen die letzte Lebensphase im häuslichen Umfeld ermöglichen. Schmerzlinderung und -kontrolle ist das Ziel der Palliativmedizin. Der Begriff leitet sich ab vom lateinischen „Pallium“ = „Mantel“."
Sterbebett
Unbekannter Künstler Öl auf Leinwand Ende 18/Anfang 19. Jh. Der HI. Joseph galt als bevorzugter Sterbepatron, weil ihm die Gnade zuteilwurde, im Beisein von Jesus und Maria zu sterben. Aus diesem Grund wurde er in Todesnöten angerufen. Daraus resultiert auch der volksfromme Notschrei „Jesus, Maria und Joseph“.
Sterbe- und Standkreuze
Holz, Metall, Silber, Alabaster 18/19. Jh. Dem Sterbenden diente ein in seine Hände gelegtes Kreuz als Beistand und gelangte mit dessen Tod häufig mit in den Sarg. Sterbekreuze sind relativ schlicht und häufig mit dem Gekreuzigten sowie der Inschrift „lNRI“ (lesus Nazarenus Rex ludaeorum: Jesus von Nazareth, König der Juden) versehen. Kleine Standkreuze sind hingegen sichtbarer Ausdruck von Frömmigkeit und werden im privaten Bereich aufgestellt.
Weihwasserkessel mit Versprüherstab
Silber Um 1900 Vor allem in der katholischen Frömmigkeitspraxis findet Weihwasser viel Verwendung. Beispielsweise soll es die Not der Armen Seelen im Fegefeuer lindern. Darüber hinaus werden Sarg und Trauergemeinde wāhrend der Totenmesse mit Weihwasser besprengt. Durch Weihwasser wird aber auch die Taufe wiederholt.
Lieblingsobjekte: Großvater geht
Gut vorbereitet? Die Sterbestunde
Im Christentum entschied sich in der Sterbestunde, was die Seele im Jenseits erwarten würde: Ewige Seligkeit oder Ewige Verdammnis. Umso wichtiger war es, auf diesen Moment vorbereitet zu sein. Der plötzliche Tod ängstigte deshalb die Menschen im Mittelalter. Die Beschäftigung mit der „ars moriendi“, der „Kunst des (guten) Sterbens“ war eine Anleitung zur Lebensführung und eine Hilfestellung beim Sterben, das ohne geistlichen Beistand nicht gelingen konnte. Vergebung der Sünden, Salbung und Kommunion wurden als „Versehgang“ oder „Letzte Ölung“ bezeichnet. Bis ins 20. Jh. hinein besaßen katholische Familien die dafür nötigen Utensilien. Durch den medizinischen Fortschritt steigt die Lebenserwartung nach wie vor an. Heute führen v.a. langwierige Krankheiten zum Tod. Nicht mehr der plötzliche Tod wird heute gefürchtet, sondern als Pflegefall im Krankenhaus zu sterben. Um ein Sterben zu Hause zu ermöglichen, unterstützen seit den 1970ern Hospizhelfer Sterbende und ihre Familien.
Totentanz Harald Naegli
Foto von Graffiti 1981 (?) Der Schweizer Harald Naegli wurde Ende der 1970er Jahre als „Sprayer von Zürich“ bekannt. Nicht nur dort, sondern auch im Kölner Stadtbild hinterließ er 1980/81 seine gesprayten Totentänze. Die Stadtreiniger entfernten sie immer wieder. Eine Ausnahme bildet das Gerippe am zugemauerten Portal der St. Caecilienkirche, hinter dem sich das Schnütgen-Museum für mittelalterliche Kunst befindet. Auch das Museum für Sepulkralkultur besitzt zwei original gesprayte Totentänze von Naegli an der Außenfassade der Museums.
Das "Letzte Hemd"
Wovor sich heute die Menschen scheuen, dem haben sich früher viele gestellt: der eigenen Todesvorsorge. So war der eigene Sarg zu Lebzeiten keine Seltenheit und schon gar nicht der Besitz eigener Totenkleidung. Bis Anfang des 20. Jh. gehörte das „Letzte Hemd“ sogar zur Aussteuer. Zeitgenössische Designer knüpfen an diese längst vergessene Sitte an, indem sie Totenkleidung entwerfen, die der Individualität eines Menschen Ausdruck verleihen sollen. Damit bilden sie einen Gegensatz zur rückenfrei geschnittenen Sterbewäsche (sog. Talare), die Bestatter hauptsächlich aus pragmatischen Gründen verwenden. Zur Vorsorge zählte auch die Finanzierung der eigenen Bestattung. War man Mitglied in einer Zunft oder Bruderschaft, konnten über eine regelmäßige Einzahlung die Kosten für das eigene Begräbnis sichergestellt werden. Heute muss man einer Sterbekasse beitreten, um die eigene Bestattung finanziell abzusichern. Alternativ dazu bieten auch Bestattungsinstitute und Versicherungen Vorsorgeverträge an.
Der Zizenhausener Totentanz
Das Figuren-Konvolut umfasst drei Leitmotive und weitere 39 Totentanz-Paare. Sie sind ein dreidimensionales Abbild des um 1440 als Wandmalerei an der Friedhofsmauer des Baseler Predigerklosters entstandenen Totentanzes (sog. Baseler Totentanz). Er zeigt, wie der teils mit Musikinstrumenten ausgestattete Tod zusammen mit den einzelnen Vertretern der mittelalterlichen Ständeordnung in einen Reigen tritt – die daraus resultierende Botschaft: im Angesicht des Todes sind alle Menschen gleich! 1805 wurde die Wandmalerei zerstört. In Rückbesinnung darauf entstanden Figuren-Ensembles aus Ton in der Keramikmanufaktur von Anton Sohn (1769-1841), die im Zizenhausen bei Stockach (Bodensee) ansässig war.
Totenschädel mit Schlange
Der Miniatur-Totenschädel mit sich hindurch windender Schlange ist als Vanitas- bzw. Memento-Mori-Objekt zu verstehen. Der Schädel versinnbildlicht den Tod. die Schlange steht für den Sündenfall Adams, durch den der Tod, nach christlicher Auffassung, in die Welt kam .
Vanitas-Stillleben
Vanitas (lat. Eitelkeit, auch Nichtigkeit, Vergänglichkeit) bedeutet, im Angesicht des Todes Besitztum bzw. Reichtum nicht als oberstes ideelles Gut zu erklären. Mit verschiedenen Vergänglichkeitssymbolen, z.B. Totenschädel, Seifenblasen, abgeschnittene Ähren oder auch einer heruntergebrannten Kerze wird auf die Endlichkeit irdischen Lebens aufmerksam gemacht. Eine gottgefällige Lebensführung sollte nämlich das wesentliche Lebensziel sein, da es in der Erfahrung des Seelenheils seine Belohnung findet.
Transi-Statuette
Seit dem 15. Jh. kommt der Tod nicht ausschließlich als skelettierter, sondern ebenso als verwesender Leichnam (Transi) zur Darstellung. Die Statuette wurde vermutlich für Kaiser Maximilian I. (1459-1519) angefertigt und gelangte später in den Besitz von Erzherzog Ferdinand II. (1529-1595). Sie gehören zur Sammlung von Schloss Ambras (Innsbruck/Österreich).
Michael Wolgemut (1434-1519) Der Tanz der Gerippe
Die Darstellung wurde 1493 innerhalb der sog. Schedelschen Weltchronik des Nürnberger Arztes und Humanisten Hartmann Schedel (1440-1514) veröffentlicht. Es handelt sich dabei um eine Illustration der Weltgeschichte, die nach sieben Weltaltern untergliedert ist. Inhaltlich wird der Bogen von der Erschaffung der Welt über die Geburt Jesus Christus bis hin zum Weltuntergang gespannt. Die ‚Schedelsche Weltchronik‘ ist auch unter dem Namen ‚Nürnberger Chronik‘ geläufig.
Fahne, Trommel und Quittungsbuch
Leichenbruderschaft Elgershausen Im Jahr 1620 wurde die Leichenbruderschaft in Schaunburg-Elgershausen bei Kassel gegründet. Sie ist Landgraf Moritz zu verdanken. Dieser passierte das Dorf oft auf seinen Jagdausflügen. Dabei stellte er immer wieder bestürzt fest, dass Verstorbene nicht in Särgen, sondern nur in Stroh gewickelt, beigesetzt wurden. Die Gründung der Bruderschaft war besiegelt, indem er etwas Kapital, später noch eine Fahne und Trommel stiftete. Die Trommel und Fahne wurde bei den Leichenzügen durch die Bruderschaftsmitglieder mitgeführt. Die Elgershäuser Leichenbruderschaft existiert noch immer, heute in Form einer Sterbekasse.
Vom Knochenmann zum Thanatos
Vom Mittelalter bis in die Frühe Neuzeit wurde der personifizierte Tod als Knochenmann mit oder ohne Sense, als Totenschädel oder als verwesender Leichnam dargestellt. Mit einer sich wandelnden Geisteshaltung und unter dem Einfluss der Romantik, änderte sich diese Darstellung zum Ende des 18. Jh. allerdings. An die Stelle des Furcht einflößenden Sensenmanns trat nun ein schöner Jüngling: Thanatos. In der griechischen Antike verkörperte er den Bruder des Schlafes (Hypnos). Oft stützt sich Thanatos auf eine nach unten gekehrte Fackel. Außerdem trägt er Mohnkapseln bei sich. Fackel und Mohnkapseln versinnbildlichen das verlöschende Leben und den ewigen Schlaf. Dem Thanatos-Todesbild liegt maßgeblich die Studie „Wie die Alten den Tod gebildet“ von Gotthold Ephraim Lessing (1769) zugrunde. Sie befasst sich mit dem Tod am Beispiel antiker Symbole und Altertümer. Lessing formte daraus eine neue Todesmotivik, die später in veränderten Grabmalformen und Trauerbildern sichtbar wurde (z.B. Säulen, Obelisken, Pyramiden, Sarkophage, Urnen). Sie bedeutete keinesfalls eine Abkehr vom christlichen Auferstehungsgedanken."
Lieblingsobjekte: Zwei Tödlein
Grabmal
Grabstein mit fiktiver Grabinschrift Marmor, Inschrift vergoldet
Koran
Der Koran ist die heilige Schrift des Islams, die nach muslimischer Auffassung die göttliche Offenbarung an den Propheten Mohammed wiedergibt. Nach islamischem Glauben liegt der Ursprung des Korans direkt in Allah. Als Wort Gottes darf er für streng gläubige Muslim*innen nur in Arabisch gelesen und gelehrt werden.
3 Leichentücher (Mann)
Die Lifafa wird unter dem Leichnam entfaltet. Der Izar bedeckt den Körper vom Hals bis zu den Füßen. Der Kamis verhüllt den Oberkörper.
5 Leichentücher (Frau)
Wie bei Männern wird der Leichnam der Frau mit dem Izar, Kamis und Lifafa verhüllt. Hinzu kommen: Der Hirka wird über Kopf und Brust ausgebreitet. Der Khimar bedeckt die mittig gescheitelten Haare der Frau.
Waschutensilien
Seife, Masken, Handschuhe, saubere Handtücher, diverse Duftstoffe (alkoholfreies Rosenwasser, Damaszenerrosen, Kampfer, getrocknete Lotuswurzel)
Sarg
Ein islamischer Sarg sollte aus unbehaneltem Vollholz sein. Die spitz zulaufende Deckelform ist den Gräbern der Islamischen heiligen und Weisen nachempfunden.
Sargdecke
Samt, Stickerei mit Goldfäden Die Sargdecke bedeckt den Sarg während des Totengebets und wird vor der Beisetzung abgenommen.
Aufschrift (Stickerei)
„im Namen Allahs, des Gnädigen und Barmherzigen“ „Allah ist der Einzige und Mohammed sein Prophet“ „Jeder Mensch wird sterben und zu uns zurückkehren“ „Wenn die Zeit gekommen ist, dass sie sterben werden, wird die Zeit weder vor- noch zurücklaufen“