Memento

Dorothee von Windheim (D), "Salve Sancta Facies", 1980

Von Mitleid bewegt reicht Veronika Christus auf dem Kreuzweg ihr Tuch, auf dem sich, laut Überlieferungen, seine Gesichtszüge abzeichnen. Durch diesen Abdruck entsteht das erste Abbild der Leidensgeschichte Jesu. Es ist ein Bild, das nicht durch seine Einmaligkeit, seine Echtheit Wirkmächtigkeit entfaltet. Im Gegenteil: Es lebt aus der Wiederholung, aus der mannigfachen Reproduktion, aus den Verwandlungen, die es in ungezählten Nachahmungen durchmachte. Dorothee von Windheim sammelte quer durch die Kunstgeschichte Abbildungen dieses legendären Sujets: Das Antlitz Christi im Schweißtuch der heiligen Veronika. Diese dokumentarischen Abbildungen aus kunstwissenschaftlichen Publikationen fotografierte sie und übertrug daraufhin das Negativ auf lichtempfindliche Gaze, die von ihr schließlich wie eine Fotografie entwickelt wurden.

Andrew Kotting (GB), "In the Wake of a Deadad", 2010

Die Friedhofsreformbewegung zu Beginn des 20. Jh.

Zurück zu ""Religion, Heimat und Handwerk“ lautete das Motto der Friedhofsreform Anfang des 20. Jh.. Das Feindbild waren die immer mehr monumentalisierten Friedhöfe. Stattdessen setzte man auf die Gleichheit aller im Tod und verordnete schlichte, handwerkliche Grabzeichen. „Schon Ordnung ist Schönheit“ lautete das ästhetische Leitbild des Münchner Stadtbaurates H. Grässel, der mit dem Waldfriedhof in München 1907 den ersten Reformfriedhof schuf. Die Ideale von Ordnung und Naturnähe erfassten die Friedhofsplaner in ganz Deutschland und wurden für das 20. Jh. prägend. Zur Vollendung gelangte die Synthese architektonischer Geometrie und landschaftlicher Modellierung in Skogskyrkogården in Stockholm, der 1917-1940 angelegt und ausgebaut und 1994 als einziger Friedhof der Moderne in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen wurde. Die Ideale der Friedhofsreform hatten Ende des 20. Jh. unter dem Einfluss der zum Selbstzweck erstarrten Richtlinien zur Verödung der Friedhöfe geführt.

Well prepared? The hour of death

In Christianity the hour of death determinated what was waiting for the soul: eternal salvation or eternal damnation. That is why it was important to be prepared. A sudden death frightened medieval. However, dealing with the “ars moriendi”, the “art” to die in a “good” way, could save one from eternal damnation. It gave instructions for a correct life and would provide support in the hour of death, which was impossible to achieve without spiritual assistance. Forgiveness of one's sins, the anointing and the communion were called ""extreme Unction"" or ""Last Rites”. Up to the 20th century Catholic families had the required utensils. Due to the progress in medicine, life expectancy continues to rise and the causes of death change. Nowadays, people mainly die of prolonged diseases. The fear of a sudden death is being replaced by the fear of depending on nursing care and dying in a hospital. In order to grant dying at home, assistants in hospices support deceasing people and their families since the 1970s.

Erinnerungsdiamant mit Zertifikat

Fa. Algordanza AG, Domat/Ems (Schweiz), MusterDie Fa. Algordanza ist seit 2004 auf dem Markt und bietet an, in einem technischen Verfahren unter hoher Temperatur und hohem Druck aus der Asche eines Verstorbenen einen Erinnerungsdiamanten zu generieren. Je nach Größe des Diamanten (max. 1 Karat) dauert dieser Prozess bis zu einem Jahr. Der englisch-niederländische Konkurrent LifeGem, seit 2001 tätig, bietet außer Erinnerungsdiamanten auch sog. Familiendiamanten an, die zur Geburt eines Kindes auf der Grundlage von Haar oder Nabelschnur oder zur Hochzeit von Haaren des Paares gewonnen werden.

Lieblingsobjekte: Harry Kramers Brotköpfe

Dagmar Kuhle | Wachsendes Grabzeichen

Lieblingsobjekte: Figürliche Särge aus Ghana

Lieblingsobjekte: Muslimische Bestattung in Deutschland

Der Friedhof als Landschaftspark im 19. Jh.

Der Wunsch nach Friedhöfen, deren landschaftliche Heiterkeit dem Tod die Düsternis nimmt, keimte in Europa, doch verwirklicht wurden die ersten Parkfriedhöfe in Amerika. 1931 wurde der Friedhof Mount Auburn in Boston eröffnet. Geschwungene Wege führen durch eine künstlich gestaltete Landschaft aus Hügeln und Gewässern. Locker darum verstreut waren die großen Grabstätten der Familien. Als Höhepunkt dieser Entwicklung gilt der Spring Grove Cemetery in Cincinnati, der seit 1855 vom schlesischen Landschaftsarchitekten Adolph Strauch gestaltet wurde. Mit dem Südfriedhof in Kiel (1869) und den Friedhöfen Riensberg und Walle in Bremen (1875) entstanden die ersten Parkfriedhöfe in Deutschland. Ihre Architekten Wilhelm Benque und Carl Jancke beriefen sich ausdrücklich auf amerikanische Vorbilder. Der berühmteste Parkfriedhof Deutschlands, zugleich mit 400 ha der größte Friedhof der Welt, ist der Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg. Von Wilhelm Cordes geplant wurde er 1877 eingeweiht.

Sepulchral Culture

Based on the term sepulchral culture (lat. Sepulcrum = tomb), which includes many aspects in the context of dying and death, the section Dying – Death – Funeral – Mourning – Commemoration follows the course of action after a person's death. The exhibition raises questions about how people used to deal with death and how they prepared for it. What did funerals look like and how did people express their grief and how did they commemorate the deceased? These aspects are illustrated by collectible items and complemented by works of contemporary art and product design. Thus, changes in several objects of sepulchral culture become evident, as well as transforming attitudes toward dying and death. We wish you an interesting time discovering the sepulchral culture of the past and the present!

Gerold Eppler M.A. | Entwicklung der Grabzeichen

Gedenktafeln

Porzellan, Emaille, Fotokeramik 1850-1900Seit 1850 war die Übertragung von Fotografien auf Porzellan oder Emaille möglich. Entsprechende mit Fotografien oder auch nur mit Inschriften versehene Täfelchen fanden daraufhin vor allem auf Grabstätten Anklang. Im Zuge der Friedhofsreformbewegung galten solche Gedenkzeichen spätestens ab Anfang des 20. Jahrhunderts als störender Kitsch und wurden verboten. Seit den 1990er Jahren erlebt die Fotokeramik allerdings eine Renaissance, insbesondere in romanischen Ländern.

Uhr

Holz, Metall Um 1900Uhren sind Zeitmesser, symbolisieren aber ebenso Vergänglichkeit. Im Volksglauben galt der plötzliche Uhren-Stillstand als Todesvorbote. Uhren wurden beim Tod eines Familienmitglieds aber auch angehalten, um die Unterbrechung des Alltags und die Abschiednahme zu signalisieren. An das Ticken der Uhren war wiederum oft die Befürchtung geknüpft, die Totenruhe würde gestört, die Seele käme deshalb nicht zur Ruhe und fände somit auch nicht den Weg ins Paradies.

Christentum

Das Christentum entstand im 1. Jh. n. u. Z., als gläubige Juden die Auferstehung des zum Tode verurteilten und gekreuzigten Jesus von Nazareth verkündigten und in ihm den im Judentum verheißenen Messias sahen. Diese frohe Botschaf verbreitete sich zunächst im ganzen römischen Reich und schließlich rund um die Welt. Die Christen glauben, am Ende der Welt an der Auferstehung teilzuhaben, und erhoffen ein ewiges Leben.

Andrew Kotting (GB), "In the Wake of a Deadad", 2010

Fahne, Trommel und Quittungsbuch

Leichenbruderschaft ElgershausenIm Jahr 1620 wurde die Leichenbruderschaft in Schaunburg-Elgershausen bei Kassel gegründet. Sie ist Landgraf Moritz zu verdanken. Dieser passierte das Dorf oft auf seinen Jagdausflügen. Dabei stellte er immer wieder bestürzt fest, dass Verstorbene nicht in Särgen, sondern nur in Stroh gewickelt, beigesetzt wurden. Die Gründung der Bruderschaft war besiegelt, indem er etwas Kapital, später noch eine Fahne und Trommel stiftete. Die Trommel und Fahne wurde bei den Leichenzügen durch die Bruderschaftsmitglieder mitgeführt. Die Elgershäuser Leichenbruderschaft existiert noch immer, heute in Form einer Sterbekasse.

Andrew Kotting (GB), "In the Wake of a Deadad", 2010

Der Künstler Andrew Kotting überträgt die Fotografie seines verstorbenen Vaters und Großvaters auf überlebensgroße, aufblasbare Figuren. In deren Gesellschaft sucht er Orte auf, die die beiden entweder zeitlebens besucht hatten oder besuchen wollten. Die Reisen dokumentierte der Künstler in einer umfangreichen Videoaufzeichnung. Neben dem Video ist das gleichnamige Buch entstanden, das weitere Hinterlassenschaften des Vaters und Großvaters dokumentiert.

Bestattung

Als Bestattung bezeichnet man die Übergabe der sterblichen Oberreste an die Elemente: Damit kehrt der Mensch seiner Bestimmung gemaß zurück in den Kreislauf der Natur. Welche Form der Bestattung gewählt wird, ist nicht zuletzt vom religiösen und kulturellen Umfeld abhangig. Den größten Anteil haben Erd- und Feuerbestattung, während die Aussetzung des Leichnams in der Luft oder seine Übergabe an das Element Wasser eher selten vorkommen. (Die „Seebestattung“ hierzulande ist eigentlich eine Feuerbestattung, denn sie setzt die Kremation voraus.)"

Dear Photograph

Sofia Hultén (SE), "From the Long Story", 2010

Mit dem Tod eines Menschen erlischt auch der Klang seiner Stimme. Da die Stimme ein zeit- und raumbezogenes Klangphänomen ist, ist eine Stimmaufnahme ein Klangdokument, das lebendige Erinnerungen an Verstorbene weckt und deren Präsenz im Raum rekonstruiert. Die Großmutter der schwedischen Künstlerin Sofia Hultén hat für ihre Enkel mit einem Kassettenrecorder Geschichten zur Entstehung der Erde und den Erfindungen und Entdeckungen der Menschheitsgeschichte aufgenommen. Die Aufnahmen dokumentieren nicht nur die Geschichten, sondern auch den Klang und den Rhythmus der Stimme und die einfühlsame Art und Weise des Erzählens der Großmutter. Nachdem Sofia Hultén die Tonaufnahmen transkribiert hatte, entstand ein Video ohne Bild, aber mit den transkribierten Erzählungen als Untertitel. Durch die bewegenden Tonaufnahmen der alten Frau werden nicht nur ihre Stimme und Sprache, sondern auch ihr Wesen und ihre empathische Zugewandtheit erlebbar.

Memorial Practices – It Cannot Be Put Into Words

he death of a familiar person and the traditions and habits associated with it sometimes give rise to new, individual memory rituals and collective ceremonial practices. The liturgy of a funeral, the visit of personal memorials, the careful storage of legacies, the laying down of flowers, the lighting of candles, or the active or conscious participation in the annually recurring commemoration of the dead (e.g. the anniversary of death) are a selection of ritual forms of action that provide a formal framework for coping with loss, fulfill comforting functions, and thus provide support. After a loss it is common for a mourner to desire to find normalcy and peace. Personal memorial traditions and actions accompany this desire and enable the process of remembrance by integrating it into their life.

The Family Audiobook – Everything That Has Voice Survives

A familiar voice fades fastest in our memory. Many mourners therefore wish they could hear the voices of their loved ones again. This was the thought that journalist Judith Grümmer pursued when she initiated the "Family audiobook" in 2004. Initially, the project was aimed at senior citizens. Since 2017, it has been offering seriously ill mothers and fathers with young children the opportunity to record their life story with all its ups and downs, its moments of happiness as well negative experiences in the form of a unique, contemporary audio document. This look back records the individual sound of the voice, emotional "vibrations" and atmospheres, speech melodies or dialectal characteristics. All this valuable acoustic information makes every audio book a very special kind of remembrance of the dead. For the participants it is important to leave a piece of family history to the children, some of whom are orphaned at an early age.

Vom eigenen Grab zur anonymen Wiese

Im 19. Jh. war das eigene Grab für jeden Verstorbenen eine neue Errungenschaft. Bis dahin fanden die Toten der „unteren Schichten“ ihre letzte Ruhe oft in gemeinschaftlichen Gruben, und nur für die Privilegierten gab es Grabstätte und Grabstein. Ein Grabbrief vom Friedhof Ohlsdorf in Hamburg dokumentiert die Bedeutung des Grabes als wertvollen Besitz der Familie. Das Grab entwickelte sich zum Ort des Gedenkens und wurde entsprechend geschmückt. Solange Schnittblumen teuer waren, nutzte man industriell hergestellte Blechblumen. Heute scheuen viele Menschen den zeitlichen und finanziellen Aufwand für eine Grabstätte, weshalb sie sich für eine anonyme Beisetzung entscheiden – auch um ihre Angehörigen zu entlasten. Zunehmend beliebter wird auch die Bestattung im Friedwald. Diese Form der Naturbestattung wurde aus der Schweiz importiert. Neben der Seebestattung oder dem Verstreuen der Asche in der Natur signalisiert der Friedwald die beginnende Auflösung herkömmlicher Friedhofsstrukturen.

Transi-Statuette

Seit dem 15. Jh. kommt der Tod nicht ausschließlich als skelettierter, sondern ebenso als verwesender Leichnam (Transi) zur Darstellung. Die Statuette wurde vermutlich für Kaiser Maximilian I. (1459-1519) angefertigt und gelangte später in den Besitz von Erzherzog Ferdinand II. (1529-1595). Sie gehören zur Sammlung von Schloss Ambras (Innsbruck/Österreich).

Die Vorstellungen von einem "guten Tod"

"„Gedenke, dass du sterblich bist!“ (lat.: „Memento mori“!) Seit der Renaissance machten sich Menschen mittels sogenannter „Memento mori Objekte“ diese Tatsache bewusst. Charakteristisch sind die sogenannten Betrachtungs- oder Tischsärglein aus der Zeit zwischen dem 17. und 19. Jh.. Neben der Mahnung zu einem frommen Leben drückten solche Gegenstände den Wunsch aus, einen guten, bewussten Tod sterben zu dürfen, um mit den heiligen Sterbesakramenten versehen werden zu können. Heute ist die Vorstellung von einem „guten Tod"" eher geleitet von der Hoffnung, zumindest schmerz- und angstfrei sterben zu können. Ein Sterben in Würde und Selbstbestimmung zu ermöglichen, ist Ziel der Hospizbewegung. Hospiz bedeutet so viel wie Herberge. Zu unterscheiden sind stationäre und ambulante Hospize. Letztere wollen die letzte Lebensphase im häuslichen Umfeld ermöglichen. Schmerzlinderung und -kontrolle ist das Ziel der Palliativmedizin. Der Begriff leitet sich ab vom lateinischen „Pallium“ = „Mantel“."

Sofia Hultén (SE), "From the Long Story", 2010

Contemporary Testimonies – Traditions of History

The term "memento" (lat.: Remember, engl.: admonition) is associated with the admonishing and demanding effect of contemporary witnesses who serve as bearers of evidence of the past – which should not be forgotten. Texts, photographs, drawings, paintings, sculptures, sound recordings, objects or relics convey, tell and embody the past and are identity-forming components of a living culture of remembrance and commemoration. By preserving personal testimonies of the past, we preserve the possibility to keep memories alive and to draw our personal conclusions from the past, even if sometimes the memories carry us back into unpleasant and difficult phases of our lives.

Personalisierte Edelsteine

Mevisto GmbH, Edelsteinmanufaktur, A-KirchhamDie österreichische Edelsteinmanufaktur bietet personalisierte synthetische Edelsteine an. Haare oder Asche des Menschen oder Tieres können in einem Edelstein gebunden werden und als farbiger Saphir oder Rubin dem Andenken und der Erinnerung Rechnung tragen.

Gut vorbereitet? Die Sterbestunde

Im Christentum entschied sich in der Sterbestunde, was die Seele im Jenseits erwarten würde: Ewige Seligkeit oder Ewige Verdammnis. Umso wichtiger war es, auf diesen Moment vorbereitet zu sein. Der plötzliche Tod ängstigte deshalb die Menschen im Mittelalter. Die Beschäftigung mit der „ars moriendi“, der „Kunst des (guten) Sterbens“ war eine Anleitung zur Lebensführung und eine Hilfestellung beim Sterben, das ohne geistlichen Beistand nicht gelingen konnte. Vergebung der Sünden, Salbung und Kommunion wurden als „Versehgang“ oder „Letzte Ölung“ bezeichnet. Bis ins 20. Jh. hinein besaßen katholische Familien die dafür nötigen Utensilien. Durch den medizinischen Fortschritt steigt die Lebenserwartung nach wie vor an. Heute führen v.a. langwierige Krankheiten zum Tod. Nicht mehr der plötzliche Tod wird heute gefürchtet, sondern als Pflegefall im Krankenhaus zu sterben. Um ein Sterben zu Hause zu ermöglichen, unterstützen seit den 1970ern Hospizhelfer Sterbende und ihre Familien.

Schwarzer Trauerschmuck

Ketten, Ohrringe, Broschen Schwarzglas, Jet, Emaille 19. Jh. / frühes 20. Jh.Schwarzer Trauerschmuck kam im 19. Jh. auf. Zu seiner Popularität trug vor allem der englische Adel, insbesondere Queen Victoria (1837-1901) bei. Material und Farbe vermittelten neben der dunklen Kleidung den Gemütszustand der Trauer.

Friedhofsentwicklung in der Nachkriegszeit

Nach dem 2. Weltkrieg nahm die Friedhofskultur in den beiden deutschen Staaten eine unterschiedliche Entwicklung, die aber zum selben Ergebnis führte. In der BRD überließ man die Friedhofs- und Grabgestaltung dem freien Markt. Zwar bemühte man sich, auf den Grabmalmusteranlagen der Bundesgartenschau vorbildliche Grabmale zu zeigen, doch setzte sich in der Praxis das normierte Industriegrabmal durch, das seit den 1970er Jahren zunehmend als Fertigprodukt aus Indien importiert wurde. Es entstanden Friedhöfe ohne Athmosphäre, sie wurden "anonym", und die Folge waren die anonymen Beisetzungen. In der DDR litt die Friedhofskultur zunächst unter der Mangelwirtschaft. Daraus resultierte die einfache Form der Urnengemeinschaftsanlage (UGA) als ostdeutsches Pendant zur anonymen Beisetzung. Bald wurde daraus eine Ideologie, die in der UGA ein Symbol der Gleichheit aller Menschen in der sozialistischen Gesellschaft sah. Die weitest entwickelte Form war die Möglichkeit, die Asche zu verstreuen.

Gerold Eppler M.A.

Michael Wolgemut (1434-1519) Der Tanz der Gerippe

Die Darstellung wurde 1493 innerhalb der sog. Schedelschen Weltchronik des Nürnberger Arztes und Humanisten Hartmann Schedel (1440-1514) veröffentlicht. Es handelt sich dabei um eine Illustration der Weltgeschichte, die nach sieben Weltaltern untergliedert ist. Inhaltlich wird der Bogen von der Erschaffung der Welt über die Geburt Jesus Christus bis hin zum Weltuntergang gespannt. Die ‚Schedelsche Weltchronik‘ ist auch unter dem Namen ‚Nürnberger Chronik‘ geläufig.

Dr. Dirk Pörschmann

Karolin Bräg (D), "Blumensträuße", 1994

Bestattungskultur im Hinduismus

Der hinduistische Glaube an die Wiedergeburt verlangt nach einer Vernichtung der körperlichen Hülle, um die Seele für das nächste Leben zu befreien. An den großen Flüssen vorwiegend buddhistischer Länder gibt es Verbrennungsstätten, an denen die Leichen eingeäschert werden, wie etwa Pashupatinath bei Kathmandu. Im Hinduismus gibt es keine Friedhöfe, keine abgegrenzten und landschaftsplanerisch umgesetzten Orte wie sie in Deutschland vorwiegen. Das Glaubensprinzip der ewigen Wiedergeburt widerspricht der Anlage von Bestattungsplätzen. Die Asche der Toten wird in der Regel in einen Flusslauf gestreut. Das Wasser ist in seinem Fluss ein starkes Symbol für den Wechsel im Leben und auch für die Wiederkehr. Das Gedenken an den Toten findet in der Privatsphäre am Schrein des Verstorbenen statt. In Deutschland ist diese Bestattungspraxis nicht möglich, weshalb sich gläubige Hindus meist in die Heimat überführen lassen. Hierzulande leben etwa 100.000, vorwiegend tamilische Hindus.

Christliche Bestattung

Traditionell ist die christliche Bestattung seit der Antike eine Erdbestattung. Karl der Große (um 800) hatte die Feuerbestattung in seinem Reich verboten. Man hielt es für unangemessen, den Leib, dessen Auferstehung erwartet wurde, zu verbrennen. Mit der Wiedereinführung der Feuerbestattung im letzten Drittel des 19. Jh. war die Kremation in kirchlichen Kreisen umstritten. Die evangelische Kirche duldete die Kremation schon in der Anfangszeit, während die katholische Kirche bis 1963 an ihrem Verbot festhielt. Heute ist Feuerbestattung mit einem Anteil von über 60 % eine übliche Bestattungsform und wird von beiden Kirchen uneingeschränkt akzeptiert.

Lieblingsobjekte: Zimmerdenkmal

Cremation and Remembrance of the Dead – Ashes to Ashes

With the introduction of modern cremation methods, the possibilities of commemoration have expanded enormously. Outside of Germany, it has become possible to bury the deceased in places where no corpse could be interred. In addition, forms of commemoration have been developed in which components of the cremation, i.e. the ashes, are incorporated. Physical and chemical processes that change the nature of the cremated mortal remains form the starting point for scattering, dividing, compressing and processing the ashes. Finely ground, they can be added to glass objects, ceramics or tattoo ink, filled into pendants and jewelry or used in the production of synthetic diamonds and gemstones. If you do without tightly closed containers when burying the finely ground ashes, they can be distributed almost everywhere without leaving any long-term traces – in water, on land, in the air and even in space.

Straßenkreuze - Wiederbelebung eines alten Brauches

Seit dem Ende des 20. Jh. dokumentieren Straßenkreuze Orte, an denen Menschen den Unfalltod starben. Insbesondere für die Angehörigen von jungen Verkehrsopfern sind die Gedenkstätten am Straßenrand oft wichtiger als das eigentliche Grab. Die Sitte, Unfallkreuze am Straßenrand zu errichten, ist ein in der Gegenwart neu entstandener Brauch. Obwohl schon Dissertationen zu diesem Thema geschrieben wurden, ist bis heute ungeklärt, wodurch er ausgelöst wurde. Nur formal knüpfen die Unfallkreuze an die Tradition der sog. Marterl an, die ebenfalls an Orten errichtet wurden, wo Menschen durch einen Unfall zu Tode kamen. Ihr Hintergrund war ein religiöser, denn die Marterl ermahnten den Vorübergehenden, ein Gebet für die Arme Seele zu sprechen, weil sie einen jähen Tod – ohne Empfang der Sterbesakramente – gestorben ist. Ohne geistlichen Beistand und ohne Sterbesakramente aus dem Leben zu scheiden, bedeutete den Verlust des Seelenheils.

Rosenkranz-Ketten

Holz, Silber, Bein, Leinen 19. Jh.Rosenkranzketten sind Vers-Zählketten für das im katholischen Glauben beheimatete Rosenkranzgebet. Einige dieser Ketten haben Anhänger, die die Leidenswerkzeuge Christi darstellen. Diese spiegeln sogleich die Inhalte des Rosenkranzgebetes wider: Marienleben, Leidensweg, Jesu Christi, Auferstehung und Himmelfahrt.

Todesgenius

Der Todesgenius ist gemäß antiker Tradition die Personifikation des Todes in Gestalt eines trauernden Jünglings (Thanatos). Zudem ist er der Bruder des Schlafes (Hybnos). Dem Todesgenius fehlt die nach unten gekehrte Lebensfackel, auf die er sich üblicherweise stützt.

Kräuter

Lavendel, Rosmarin, Lorbeer; getrocknet RezentFrüher wurden Kräuter in den Sarg gegeben, um Verwesungsgeruch zu mildern. Manchen Kräutern wurde außerdem eine apotropäische, d.h. unheilabwehrende Wirkung nachgesagt. Des Weiteren besaßen manche Pflanzen eine religiöse oder sepulkrale Symbolik. Z.B. war Lavendel ein Symbol für Reinheit, Erinnerung und Abwehr des Teufels; Rosmarin für Gedenken, Liebe, Tod sowie Unsterblichkeit; Lorbeer für Reinigung, Frieden und Triumph.

Im Dienst von Sterben und Tod

Starb ein Mensch und ist der Tod vom Arzt offiziell bestätigt, muss die Beisetzung organisiert werden. Was früher die Familie tat, übernimmt heute der Bestatter. Bis ins 20. Jh. hinein boten oft Nachbarn ihre Unterstützung an. Praktische Hilfe leisteten auch Leichenbitterinnen, indem sie Leichname wuschen und herrichteten. Aufgabe der Leichenbitter war es dann, einen Todesfall bekannt zu geben und die Einladungen zur Bestattung im Namen der Hinterbliebenen auszusprechen. Der Dienstleistungsberuf des Bestatters etablierte sich erst im Laufe des 20. Jh. Seine Wurzeln hat er im Fuhrwesen sowie im Tischler- und Schreinerhandwerk, bei denen nämlich früher der Sarg bestellt wurde. Oft halfen sie auch bei der Bestattungsorganisation. Heute gibt es viele weitere Berufe rund um Sterben und Tod, darunter Kranken- und Altenpfleger sowie Hospizmitarbeiter. Sie arbeiten in Institutionen, die inzwischen zu den gängigen Sterbeorten zählen. Das Sterben Zuhause ist dagegen seltener geworden.

Dr. Ulrike Neurath

Islam

Der Islam entstand als dritte der monotheistischen Weltreligionen. Begründet wurde der Islam durch Mohammed (gest. 632 n. Chr.) und enthält sowohl jüdische wie christliche Elemente. Die „fünf Säulen des Islam“, die für eine religiöse Lebensführung befolgt werden müssen sind - Das Glaubensbekenntnis an den einzigen Gott (Allah) - Das fünfmalige Gebet am Tag - Das jährliche Fasten im Fastenmonat Ramadan - Das Almosengeben - Die Pilgerfahrt nach Mekka (Hadsch) Vereinzelt gab es Muslime schon seit dem 18. Jh. in Deutschland (Diplomaten, Händler, Söldner, Kriegsgefangene). Seit dem ersten deutsch-türkischen Anwerbeabkommen aus dem Jahr 1961 ist die Zahl der türkischstämmigen Muslime in Deutschland stetig angewachsen. Heute leben Muslime zahlreicher Länder in Deutschland, ebenso wie deutsche Konvertiten, sodass die Gesamtzahl ca. 4,6 Mio beträgt (Stand 2015). Dies schlägt sich, wie der Einfluss anderer religiöser Gruppen, auch in der Sepulkralkultur Deutschlands nieder.

Taylor Jones (CA), "Dear Photograph", seit 2011

"Dear Photograph" ist ein partizipatives Projekt, das von Taylor Jones initiiert wurde. Die Idee ist simpel: Nimm eine alte Fotografie, die Freunde oder Familienangehörige abbildet, gehe zu dem Ort, der auf der Fotografie abgebildet ist, halte das Foto vor den originalen Hintergrund und fotografiere das Foto sowie den Ort. Viele Internetnutzer*innen folgten diesem Aufruf und reichten ein Foto ein, stets begleitet von einem Text, der mit "Dear Photograph", also "Liebe Fotografie", beginnt. Die Bilder erinnern an einen persönlichen Verlust und verbinden das Gestern mit dem Heute und das Analoge mit dem Digitalen.

Moderne Feuerbestattung und der Urnenfriedhof

Seit Karl dem Großen war die Feuerbestattung im christlichen Abendland verboten. Seit der Aufklärung und verstärkt im 19. Jh. setzten sich Ärzte, Sozialdemokraten und Freidenker für die Wiedereinführung ein. Man suchte nach einer hygienisch einwandfreien und kostengünstigen Bestattungsform. Die Atheisten sahen darin ein antikirchliches Fanal. Die Bewegung der Krematisten sammelte sich in Feuerbestattungsvereinen und nach der Erfindung einer geeigneten Verbrennungstechnik konnte 1878 in Gotha das erste Krematorium der Neuzeit eröffnet werden. 1934 wurde die Feuerbestattung der Erdbestattung rechtlich gleichgestellt und erreichte immer höhere Anteile. Gegenwärtig beträgt der Anteil bundesweit über 70%, regional in Nord- und Ostdeutschland über 95%. Für die Architekten war das Krematorium eine neue Bauaufgabe. Orientierte man sich zunächst an klassizistischen oder kirchlichen Bauformen, so gelang Fritz Schuhmachen mit dem Krematorium in Dresden-Tolkewitz, 1911 eine neue Formsprache.

Zimmerdenkmal

Haare, Metall- und Glasperlen, Stoff, Pappe letztes Drittel 19. Jh.Neben Trauerschmuckstücken und Trauerbildern mit Haararbeiten waren im 19. Jh. auch dreidimensionale Zimmerdenkmale verbreitet. Die hier gezeigte Miniatur einer Grabstätte wurde u.a. aus Haaren in aufwendiger Handarbeit hergestellt und diente wahrscheinlich dem häuslichen Totengedenken. Die Darstellung eines Grabes, das von Trauerweiden überragt wird, war ein sehr beliebtes Motiv für die Herstellung von Totengedenken im ausgehenden 19. Jh.

Memorabilia – Things That Sustain Us

If a person dies, the relatives and friends are left behind to mourn. Nothing is the way it was and everything is a reminder of the loved one. In their eternal absence, their current presence increases. Life changes and pain and grief become part of the new life through various strategies or rituals. Oftentimes even simple everyday objects can be helpful in coping with the loss. A father's pocket-knife that accompanies the son at all times, a watch, jewelry or selected clothing can provide comfort and keep the memory of a loved one alive in a special way. The support that things give us when they are linked to individual memories is not limited to the material world. We all know of the ability of music to awaken surprising memories. In the process of mourning this can be sudden and therefore sometimes extremely painful, but it can also comfort and connect us with the deceased. Songs and whole albums can become a playlist of personal mourning.

Reliquiendosen

Holz, Glas, Folie, Flitter Metall 18/19. Jh.Reliquien dienten der Verehrung Heiliger. Ihnen wurde zugleich eine von den Heiligen ausgehende Wirkkraft zugesprochen. Kleinste Reliquienpartikel wurden in Dosen bzw. Kapseln aufbewahrt und dienten dem persönlichen Schutz. Amulette oder Skapuliere (kissenförmiges Amulett über dem Ordensgewand) wurden aus den gleichen Gründen verwendet."

El Día de los Muertos – Das mexikanische Totenfest

Vom 31. Oktober bis 2. November wird v. a. in Mexiko der „Día de los Muertos“, („Tag der Toten“) gefeiert. Bei diesem farbenprächtigen Fest zum Gedenken an die Verstorbenen mischen sich Elemente der präkolumbianischen Kulturen mit dem Anliegen spanischer Missionare, die Tradition mit christlichen Bräuchen (Allerseelen) zusammenzuführen. Aus dieser Verbindung entstand ein einzigartiger Totenkult, der im Jahr 2003 von der UNESCO in die Liste der »Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit« aufgenommen wurde. In Mexiko zählt er zu den wichtigsten Feiertagen. Der in dieser Zeit erfolgende Besuch der Toten wird nicht gefürchtet, sondern freudig und ausgiebig gefeiert. Um sie feierlich zu empfangen, legt man Blumenteppiche auf den Friedhöfen aus, schmückt die Gräber mit Kerzen und baut in den Häusern »ofrendas« auf, die reich gedeckten Gabentische für die Toten. Man feiert mit Essen, Getränken, mit Musik und ausgelassenen Tänzen.

Betrachtungs- und Memento-Särglein

Holz, Glas, Folie, Flitter, Metall, Wachs 18./19. Jh. Kleine Särge mit teils miniaturisiertem Leichnam, die den Betrachter zu einer gottgefälligen Lebensführung angesichts irdischer Endlichkeit gemahnen sollten (Memento mori)."

„Heiner Schmitz“

Doppelporträt Walter Schels 2004Hospize bieten Schwerstkranken die Möglichkeit, ihr Lebensende so schmerzfrei und bewusst wie möglich zu verbringen. Wer hier einzieht, weiß, dass er nicht in seine Wohnung zurückkehren wird. Durchschnittlich stehen in Deutschland 40 Betten je eine Million Einwohner zur Verfügung. Der Bedarf wird auf 50 Betten je eine Million Einwohner geschätzt. International wird er höher angegeben. Die Journalistin Beate Lakotta und der Fotograf Walter Schels baten unheilbar Kranke im Hospiz, sie in den letzten Tagen und Wochen begleiten zu dürfen. Aus diesen Begegnungen entstanden einfühlsame Porträts, die Bestandteil der Ausstellung „Nochmal leben vor dem Tod“ waren.

Sinti und Roma

Die Herkunft der Sinti und Roma ist bis heute nicht restlos geklärt, möglicherweise stammen sie ursprünglich aus Indien. Heute leben sie auf der ganzen Welt, auch in Deutschland, wo sie neben Dänen, Friesen und Sorben eine deutsche Volksgruppe bilden. In Mitteleuropa gehören sie meist dem katholischen Glauben an und bestatten ihre Toten teils nach entsprechender Tradition, während sie etwa im europäischen Südosten oft dem Islam oder der Orthodoxen Kirche angehören. Gleichwohl fallen ihre oft auffällig und prunkvoll gestalteten Gräber mit ihrem reichen Blumen- und Grabschmuck ins Auge. Üblich ist die Erdbestattung, doch erfordert ihre hiesige Tradition die Beisetzung des Sarges in einer Gruft, denn der Sarg darf mit dem Erdboden keine Berührung haben. Gemauerte feste Grüfte sind jedoch nicht auf allen Friedhöfen zulässig. Für Sinti und Roma bedeutet der Tod die endgültige Sesshaftigkeit. Reich sind deshalb die Grabbeigaben, die ihnen ins Grab mitgegeben werden.

Das Grab in der Natur

In der Aufklärung setzte sich in intellektuellen Kreisen die Vorstellung vom Grab in der Natur durch. In seinem „Ideen-magazin für Liebhaber von Gärten, englischen Anlagen und für Besitzer von Landgütern“ (1786-1806) empfahl J. G. Grohmann das „Grabmal im Garten in melancholischer Szene“. Man orientierte sich an antiken, klassizistischen Formen. Auch wenn der Friedhof noch in kirchlicher oder kommunaler Trägerschaft in geregelten Strukturen verblieb, ließ sich der Gedanke des naturnahen Grabes nie mehr verdrängen. Zu den ersten Theoretikern gehörte R. J. A. Voit mit der Schrift „Ueber die Anlegung und Umwandlung der Gottesäcker in heitere Ruhegärten der Abgeschiedenen“, 1825. Es folgte im letzten Drittel des 19. Jh. der landschaftlich angelegte Parkfriedhof und Anfang des 20. Jh. der Waldfriedhof. Zum Durchbruch gelangte das Grab in der Natur erst mit Friedwald und Ruheforst im 21. Jh. H. Kramers Künstler-Nekropole in Kassel 1992 war gewissermaßen Vorläufer der modernen Naturbestattung.

Hinduismus

Der Hinduismus ist eine weltweit verbreitete Religion und vor allem in Indien und Nepal verbreitet. Allerdings ist der Hinduismus keine einheitliche Religion, sondern vielmehr eine Bezeichnung für viele unterschiedliche Strömungen und Lehrmeinungen. Ihre Ursprünge lassen sich schwer fassen, gehen jedoch teilweise bis ins zweite Jahrtausend v. u. Z. zurück. Die Hindus verfügen weder über ein gemeinsames, allgemein gültiges Glaubensbekenntnis noch über eine zentrale Institution, die Autorität für alle Hindus hätte. Die Lehren über spirituelle Belange und sogar die Gottesvorstellungen sind in den einzelnen Strömungen sehr verschieden, selbst die Ansichten über Leben, Tod und Erlösung (Moksha) stimmen nicht immer überein. Die meisten Gläubigen gehen allerdings davon aus, dass Leben und Tod ein sich ständig wiederholender Kreislauf (Samsara) sind, sie glauben an die Reinkarnation. Für den persönlichen Glauben haben religiöse Lehrer (Gurus) oft einen großen Stellenwert.

Micro-Urnen

sog. „Am-Urn-Lette“ Hersteller Fa. Völsing KGIn diese kann ein Teil der Asche eingefüllt werden. Der Trauernde kann diese Miniurne dann zu Hause ausstellen oder als Anhänger um den Hals tragen. Die restliche Asche wird in einer normalen Urne bestattet.Trauerschmuck aus/mit Haaren Broschen, Kette, Ring Gold, Silber, Emaille, Haar 19. Jh.In der zweiten Hälfte des 19. Jh. wurden Vanitas-Motive (z.B. Urnen, Gräber, Särge) auf Schmuck zunehmend seltener. Der säkularisierte Gedenkschmuck rückte die Erinnerung an einen Verstorbenen in den Vordergrund. Dabei spielte die Verwendung von Haar eine immer größere Rolle. Da Haar nicht vergeht, besaß es einen hohen Andenken- und Erinnerungswert. Erst mit Beginn des 20. Jh. geriet Schmuck aus bzw. mit Haaren außer Mode.

Spende

Sie können für das Projekt Familienhörbuch spenden.[Link zum Spendenportal](https://www.betterplace.org/de/projects/75284-das-projekt-familienhoerbuch-fuer-schwer-kranke-junge-eltern)

Gerold Eppler M.A. | Industrialisierung der Grabmalkultur

Kranzkästen – Gedenkbildnisse

Schon früh haben Menschen versucht, den Prozess des Vergessens aufzuhalten. Grabanlagen und Friedhöfe sind die dafür auffälligsten Beispiele. Daneben hat sich eine private Erinnerungskultur entwickelt. Vor allem im bürgerlichen Zeitalter des 19. Jh. brachte sie eine große Formenvielfalt hervor. Zu den Erinnerungsträgern zählen sog. Kranzkästen, die Kranzarrangements aus Papier, Kunstblumen und Flitter beherbergen. Eine Besonderheit stellen außerdem sog. Haarbilder dar, die kreativ gestaltete Haarsträußchen oder gar ganze Zöpfe beinhalten. Dem Haar oblag eine stellvertretende Funktion, ließ es doch den Verstorbenen körperlich anwesend sein. Ein weiterer wichtiger Erinnerungsträger generierte sich mit der Erfindung der Fotografie. So bildete die Personenfotografie ab 1850 sukzessive eine Alternative zur Porträtmalerei. Parallel dazu erfuhren die drucktechnischen Vervielfältigungsprozesse, aber auch die Papierproduktion eine zunehmende Professionalisierung.

Mein digitales Erbe

Dagmar Kuhle | Außenbereich des Museums

Der Zizenhausener Totentanz

Das Figuren-Konvolut umfasst drei Leitmotive und weitere 39 Totentanz-Paare. Sie sind ein dreidimensionales Abbild des um 1440 als Wandmalerei an der Friedhofsmauer des Baseler Predigerklosters entstandenen Totentanzes (sog. Baseler Totentanz). Er zeigt, wie der teils mit Musikinstrumenten ausgestattete Tod zusammen mit den einzelnen Vertretern der mittelalterlichen Ständeordnung in einen Reigen tritt – die daraus resultierende Botschaft: im Angesicht des Todes sind alle Menschen gleich! 1805 wurde die Wandmalerei zerstört. In Rückbesinnung darauf entstanden Figuren-Ensembles aus Ton in der Keramikmanufaktur von Anton Sohn (1769-1841), die im Zizenhausen bei Stockach (Bodensee) ansässig war.

Marterl für eine Ertrunkene

Holz; farbig gefasst 1756Marterl sind Erinnerungsmale an tödlich Verunglückte. Sie kamen vorrangig im katholischen Süden vor. Am Unfallort Vorbeiziehende waren zur Fürbitte angehalten, um das Seelenheil der Verunglückten zu befördern. Wer unvorbereitet, d.h. ohne Sterbesakramente aus dem Leben gerissen wurde, konnte nach katholischer Auffassung nämlich keine Ruhe und ewige Seligkeit finden.

Bestattungskultur im Buddhismus

Traditionell wird im Buddhismus die Feuerbestattung geübt. Die Verbrennung des Leichnams soll es dem Geist des Verstorbenen ermöglichen, sich von der Knechtschaft seines Leibes zu lösen, denn im Sinne der Geburt ist der Geist nun auf der Suche nach einem neuen Leben in einer anderen Gestalt. In den Heimatländern des Buddhismus wird die Verbrennung auf einem Scheiterhaufen mit teils prächtiger Ausstattung vollzogen. Die Asche kann in einen Fluss gestreut oder auf einem Friedhof bestattet werden. In Deutschland kann die Einäscherung jedoch nur in einem Krematorium vorgenommen werden.

Muslimische Friedhöfe in Deutschland

Für viele Muslime ist es wichtig, im Land, in dem sie jeweils leben, eigene Friedhöfe oder zumindest Grabfelder zu haben, um ihre religiösen Vorgaben einzuhalten. Da die Muslime in Deutschland keine Körperschaft des öffentlichen Rechts sind, können sie anders als etwa die christlichen Kirchen oder einzelne jüdische Gemeinden keine eigenen Friedhöfe unterhalten. Allerdings gibt es auf mittlerweile etwa 200 Friedhöfen eigene muslimische Grabfelder. Dort kann entsprechend der muslimischen Tradition die Bestattung in Richtung Mekka oder auch die rituelle Waschung in Waschhäusern vorgenommen werden. In manchen Fällen ist auch die sarglose Bestattung möglich. Ein ungelöstes Problem bleibt vorerst der Wunsch nach einer immerwährenden Grabruhe. Innerhalb des Islam gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen von Grab und Grabpflege, Generell tendieren die Schiiten zu einer aufwändigeren Gestaltung als die Sunniten.

Catrine Val (D), "Paradise Lost", 2017

Catrine Val (D), "Paradise Lost: Fading Memories of a Bohemian Life", 2017 Mit einfühlsamer Anteilnahme dokumentiert Catrine Val ihre an Alzheimer erkrankte Tante Dêd. Dêds Körper, die Garderobe, ihr Habitus und ihre Wohnung erinnern an ihre glamouröse Vergangenheit als Muse bekannter Modeschöpfer in Paris. Mit Stolz und Stärke setzt Dêd der Vergänglichkeit ihre Ideale entgegen. Durch alltägliche Rituale wie das Schminken, das Frisieren, das Ankleiden usw. behält das vergangene Leben als Muse der Pariser Mode- und Kunstwelt seine Lebendigkeit, da es ständig rekapituliert wird. Die Gegenstände, Bücher, Kleidungsstücke, Kunstwerke und Möbel sind Zeugnisse aus vergangener Zeit, die als Gedächtnisstütze diesen Erinnerungsprozess unterstützen.

Konfessionelle Friedhöfe

Die Bestattung war seit dem Mittelalter eine religiöse Angelegenheit, und nur die Kirche unterhielt Friedhöfe für ihre Gläubigen. Missliebigen Personen wurde die Beisetzung auf dem Kirchhof verwehrt. Eigene Friedhöfe unterhielten die Jüdischen Gemeinden. Seit der Reformation gab es zudem evangelische Friedhöfe. Das Friedhofswesen war aufgeteilt nach Religion und Konfession. Ev. Friedhöfe wurden in der Regel außerhalb der Städte angelegt, denn die Nähe zur Kirche war aus religiösen Gründen nicht mehr nötig. Typisches Beispiel für einen solchen Friedhof ist der 1559 ausgebaute Stadtgottesacker in Halle. Er ist streng rechtwinklig angelegt mit Gruftanlagen entlang der Friedhofsmauern, genannt Schwibbögen, für die Erbbegräbnisse der reichen Oberschicht. Seit dieser Zeit verbreitet sich auch die Verwendung der Särge, während man zuvor meist nur Leichentücher nutzte. Die einfachen Menschen wurden dagegen im Innenraum des Friedhofs beigesetzt, und ihre Gräber waren nicht gekennzeichnet.

Gerold Eppler M.A. | Kremation

Zoroastrier

Die neben weiteren Begriffen als Zoroastrismus bekannte Religion, die sich im heutigen Iran bzw. Zentralasiatischen Raum entwickelte besteht seit etwa 700 oder 400 v. u. Z.. Nach dem Religionsstifter Zarathustra benannt, bewegt sich ihre Zahl in Deutschland im dreistelligen Bereich, während sie weltweit durchschnittlich auf 180.000 geschätzt werden. Ihr Glaube ist monotheistisch und von einem rigorosen Dualismus zwischen gut und böse geprägt. Sie sprechen eine eigene Sprache und bedienen sich einer alten Schrift. Um die heiligen vier Elemente nicht zu verunreinigen, bringen sie ihre Verstorbenen vorzugsweise zu speziellen Orten, wo die Leichen von Geiern gefressen wurden. Aus hygienischen Gründen wurde und wird diese Art der Luftbestattung kritisch gesehen und seit den 1970er Jahren etwa auf den „Türmen des Schweigens“ im Iran verboten. Z. B. in Hamburg, wo sie seit 1987 durch den Zarathustrischen Verein vertreten werden, haben sie auf dem Ohlsdorfer Friedhof ein eigenes Gräberfeld.

Pathos, Todesgewissheit, Selbstdarstellung in der Barockzeit

In der Barockzeit war der Gottesacker ein Tummelplatz der Eitelkeiten gepaart mit Pathos und morbider Schönheit. Es entstanden die kunsthistorisch bedeutendsten Grabskulpturen, und nach dem Urteil von E. Ponofsky endete in dieser Epoche auch die Grabkunst. Doch während die Grobarchitektur und Grabplastik einen Höhepunkt erlebte, blieb der Friedhof selbst ein weitgehend gestaltloser Raum, in dem die Steine dominierten. Die unverblümte Darstellung des Todes, von Knochen und Gebein, korrespondiert mit der sprichwörtlichen barocken Lebenslust, die erst vor dem Hintergrund der Vergänglichkeit wirklich begriffen werden konnte. Man muss sich vorstellen, dass die „schrecklichen“ Bilder einst farbig gefasst waren. Die Friedhöfe müssen ein buntes Erscheinungsbild besessen haben.

Christian Boltanski (F), "Théâtre d‘Ombres", 1984

In dem mit einfachsten Mitteln zusammengebauten Schattentheater "Théâtre d’Ombres" wählt Boltanski ein denkbar flüchtiges Gestaltungsmittel und versetzt die Betrachter*innen in eine Stimmung, die zwischen Heiterkeit und Melancholie schwankt. Die Installation zählt zu Boltanskis Reihe der "Ombres" (Schatten), die sich auf zwei Ebenen bewegt: der realen mit den figuralen Gegenständen und lichterzeugenden Komponenten sowie einer metaphysischen Schattenebene. Mit Schatten verbindet Boltanski die Erinnerung an Tote, an das Schattenreich. Gleichzeitig besteht aber auch eine direkte Beziehung zum Begriff "Fotographie"; auf Griechisch: "mit Licht schreiben". Ein Schatten ist also eine primäre Fotografie, die das Gegenwärtige schattenhaft abbildet. Das Element der Bewegung wiederum lässt Erinnerungen an zwei traditionelle Darstellungsformen aufkommen: an das Schattenspiel und an den spätmittelalterlichen Totentanz.

Face to Face

Portraits of the deceased give them a presence in the present, which in a certain way further involves them in the life and community of their survivors. We encounter them face to face through photographic, drawn or painted portraits, moulded death masks or sculpturally recreated busts. What do we feel when we touch these busts? What do we see when we look at portraits of the deceased? We see the body, hairstyle, clothing, the face and its facial expressions, as well as the figure and posture – features that remind us of the irretrievable physical presence of the deceased. In addition to the pure depiction, portraits of the deceased also stand for their values and norms, and they sometimes reveal their special charisma.

Vom Rosenkranz zum Vorsorgevertrag

Für den Menschen zählt die Gewissheit des Todes zum ständigen Begleiter. „Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen…“ lautet der Kehrvers im AVE MARIA des katholischen Rosenkranzgebetes. Die Gebetszählschnur – der Rosenkranz – erinnert an diese Bitte um Schutz in Nöten. Dieser kostbare Rosenkranz besitzt aus Elfenbein geschnitzte Anhänger, die die Leidenswerkzeuge Christi zeigen – auch Waffen Christi genannt – mit denen er Tod und Teufel überwand. Ein Skapulier (lat. Schulterkleid) war ursprünglich Teil einer Ordenstracht. In der Volksfrömmigkeit waren es kleine Stofftäschchen, mit schützenden Reliquien und Heiligenbildchen versehen, die man an Bändern bei sich trug. Heute tragen viele Menschen einen Organspendeausweis bei sich oder haben im Hinblick auf den eigenen Tod ein Testament verfasst und einen Vorsorgevertrag abgeschlossen.

Sepulkralkultur

Analog zum Begriff Sepulkralkultur (lat. Sepulcrum = Grab), der die vielen Facetten im Kontext von Sterben und Tod umfasst, folgt die Abteilung Sterben – Tod – Bestattung – Trauer – Gedenken den Handlungsabfolgen bei einem Todesfall. Es wird den Fragen nachgegangen, wie sich Menschen einst mit dem Tod auseinandersetzten und wie sie sich auf das Sterben vorbereiteten, wie Bestattungen vollzogen wurden und wie Trauer, aber auch Gedenken und Erinnerung ihren Ausdruck fanden. Veranschaulicht wird dies an historischen Sammlungsstücken, ergänzt um Objekte aus der zeitgenössischen Kunst und dem Produktdesign. So werden nicht nur die Veränderungen einzelner Gegenstände der Sepulkralkultur erkennbar, sondern auch der Wandel im Umgang mit Sterben und Tod wird offensichtlich. Wir wünschen Ihnen interessante Einblicke in die Sepulkralkultur vergangener Zeiten und der Gegenwart!

Weihwasserkessel mit Versprüherstab

Silber Um 1900Vor allem in der katholischen Frömmigkeitspraxis findet Weihwasser viel Verwendung. Beispielsweise soll es die Not der Armen Seelen im Fegefeuer lindern. Darüber hinaus werden Sarg und Trauergemeinde wāhrend der Totenmesse mit Weihwasser besprengt. Durch Weihwasser wird aber auch die Taufe wiederholt.

Konduktsarg

Holz, Metall Maßstab 1:5 Nach einem Sarg aus der Zeit Joseph ll., um 1784Konduktsärge dienten lediglich dem Transport Verstorbener zum Grablegungsort. Mittels Klappmechanismus am Boden, konnte der Leichnam direkt ins Grab hinabgleiten. Sie waren deshalb auch als „Ausschütttruhen“ oder „Sparsärge“ geläufig. Teils bis ins 19. Jh. waren Särge für ärmere Bevölkerungsschichten keine Selbstverständlichkeit. Aus finanzieller Not, vor allem aber in Krisen- und Seuchenzeiten griff man auf wiederverwendbare Särge zurück. Nach der Begräbnisreform durch Joseph ll. 1784 waren jene Särge für einige Jahre für alle sozialen Schichten in den österreichischen Gebieten verbindlich, wogegen jedoch bisweilen heftig protestiert wurde.

Nachrichten an den Sohn

Catrine Val (D), "Paradise Lost", 2017

Tina Ruisinger (D), "Traces", 2017

Mit dem Werk "Traces" hat die Fotografin Tina Ruisinger ein visuelles Archiv von Erinnerungen geschaffen. Insgesamt hat sie 50 alltägliche, unscheinbare Dinge abgebildet, bei denen es sich um Hinterlassenschaften von Verstorbenen handelt. Ein Paar beige Schuhe, die eine Frau bei ihrer Hochzeit trug, eine Tüte mit Messingknöpfen oder eine Schachtel mit Stimmgabeln. Es sind Gegenstände, die für sich alleine keinen großen Wert haben. Es sind die Anekdoten hinter ihnen, die diese Objekte für all die wertvoll machen, die den oder die Besitzer*in gekannt haben. Den sachlich dokumentierten Objekten wird keine erklärende Geschichte hinzugefügt, sondern die abgebildeten Objekte selbst sprechen zu uns. Man erfährt nichts vom Leid der Sterbenden oder der Hinterbliebenen, sondern kann nur erahnen, welche Lebensgeschichte an einem bestimmten Ding hängt. Unaufdringlich hinterlassen die Fotografien Spuren in unserem Gedächtnis.

Karolin Bräg (D), "Blumensträuße", 1994

Die Blumensträuße von Karolin Bräg waren einer von mehreren Beiträgen, die sie 1994 im Rahmen der Ausstellung "Die Ruhezeit ist beendet" in der Städtischen Galerie Villingen-Schwenningen präsentierte. Als vergängliche Bestandteile sowohl des privaten als auch des öffentlichen Totengedenkens wurden sie durch den Wachsüberzug konserviert. Dadurch überdauerten sie das Gedächtnisritual. Wachs als bildnerisches Material verändert schon bei geringer Wärmeeinwirkung seine Form und gleicht deshalb dem menschlichen Erinnerungsvermögen. Denn das Gedächtnis verändert unter dem Einfluss von Gefühlen und neuem Wissen nicht nur die Bewusstseinsinhalte. Es verfälscht sie sogar oder erfindet sie neu.

Ganz in Schwarz

Um die Trauer auszudrücken, bildeten sich verschiedene Rituale. Sie werden hauptsächlich bei Bestattungen innerhalb der christlichen Liturgie sichtbar (z.B. Trauerpredigt, Gebete etc.). Das über lange Zeit wohl sichtbarste Zeichen von Trauer war die schwarze Trauerkleidung. Sie geht auf eine Kleiderordnung von Kaiser Karl dem Großen aus dem Jahr 808 zurück. Danach sollte die Trauerkleidung der Reichen – die einfache Bevölkerung hatte er noch nicht berücksichtigt – dunkel sein. Dies galt nur für den Moment der Beisetzung, entwickelte sich aber ab dem 16. Jh. In eine länger getragene Trauerkleidung. Im 19. Jh. Wurde sie schließlich in allen Sozialschichten üblich. Besonders markant war die im ländlichen Raum gebräuchliche Trauertracht. Sie gab Aufschluss über Trauerphase, Verwandtschaftsgrad sowie Tabus (z.B. Heiratsverbot, Tanzverbot). Es entstanden weitere Trauerartefakte, die auch dem Gedenken dienten und stets dunkel bzw. schwarz gefasst waren (z.B. Todesanzeigen, Trauerschmuck).

Kunstvoller Tod

Der Tod ist eines der großen Themen der Kunst. Doch ein einheitliches Todesbild, wie man es etwa in mittelalterlichen Totentänzen findet, existiert in der pluralistischen Gesellschaft nicht mehr. Entsprechend vielfältig und unterschiedlich ist die künstlerische Auseinandersetzung. Weil sich der Tod Erfahrung des Menschen entzieht, suchen Künstler nach Möglichkeiten, sich dieser letzten Erfahrung anzunähern. Oder sie hinterfragen sowohl die kollektiven als auch die individuellen Versuche, Erinnerungen Dauer zu verleihen. Mit Aktionen verweisen sie auf die Vermeidung des Themas in der Gesellschaft. Oder sie fragen mit leichter Ironie nach dem Sinn standardisierter Trauer- und Bestattungsriten. Die Autonomie der Kunst wird in einer Welt, in der Handlungsspielräume durch Gesetze, Verordnungen, Erlasse oder Normierungen eingeschränkt sind, genutzt, um Freiräume zu erobern.

Tatjana Ahle M.F.A

Die Friedhofsmodelle von Herrnhut und Dessau

Zwei Friedhöfe, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, markieren den Übergang zum modernen Friedhof. Sie fanden nicht nur zu ihrer Zeit im 18. Jh. große Aufmerksamkeit, sondern galten auch zu Beginn des 20. Jh. in der sog. Friedhofsreformbewegung geradezu als prototypisch. Beide Friedhöfe zeichnen sich durch Ordnung und Schlichtheit in der Grabgestaltung aus. Glaubensflüchtlinge aus Böhmen hatten sich auf Einladung von Nikolaus Graf von Zinzendorf in Hernnhut (Oberlausitz) niedergelassen und gründeten dort die nach strengen christlichen Regeln lebende Herrnhüter Brüdergemeinde. Ihr Friedhof sollte ein Sinnbild der Gleichheit der Menschen vor Gott sein und Ausdruck der Hoffnung auf die Auferstehung der Toten. Auf dem von Wegachsen durchzogenen Friedhof sind nur kleine liegende Grabplatten zulässig. Sie bilden den schärfsten Gegensatz zur üppigen Grabskulptur der Barockzeit.

Memorialschmuck

Im 18. Jh. wurde es anlässlich des Todes eines Familienmitglieds üblich, Trauer- und Memorialschmuck zu tragen. Ausgehend von England fand diese Mode weite Verbreitung, so auch in Deutschland, wo sie ihre Blütezeit im 19. Jh. erlebte. Während Trauerschmuck nur während der Trauerzeit getragen wurde, war Memorialschmuck hingegen an eine dauerhafte Erinnerungsabsicht geknüpft. Die Gedenkfunktion manifestierte sich konkret in Namensgravuren oder kam in Amuletten oder Broschen zum Tragen, die Miniaturbildnisse oder Haarlocken aufnahmen. Bisweilen waren diese Schmuckstücke mit kunstvoll eingearbeiteten Gedenkfloskeln versehen, was ihren auf Langfristigkeit angelegten Erinnerungszweck buchstäblich unterstreicht. Der hier ausgestellte Memorialschmuck stammt aus dem deutschsprachigen Raum sowie aus England und datiert in den Zeitraum 1807 – 1918. Alle Exemplare tragen der Gedenkintention verhaftete Inschriftenelemente, die dem/ der Betrachter*in teilweise jedoch verborgen bleiben.

Lebenserwartung und Jenseitshoffnung

Die Sterbestunde, auf die man sich früher mit Hilfe der Ars moriendi (Sterbekunst) vorbereitete, wurde verstanden als Übergang in ein anderes, besseres Leben. Die Ars moriendi ist eine seit dem 14. Jh. gebräuchliche literarische Anleitung, um den Anfechtungen in der Todesstunde zu widerstehen und auf die Verheißungen des Glaubens zu vertrauen. Nach volkstümlichen Vorstellungen war das Verhalten in der Sterbestunde entscheidend für den Ausgang des Gerichtes, das über Himmel oder Hölle entschied. In der Sterbestunde halfen die Sterbepatrone; man gab dem Sterbenden zur Vergewisserung seines Glaubens Sterbekreuz oder Rosenkranz in die Hand. Als die besten Sterbepatrone galten Jesus, Maria und Joseph; nur Joseph war es der Legende zufolge vergönnt, im Beisein von Christus und Maria sterben zu dürfen. Mit gestiegener und statistisch gesicherter Lebenserwartung wich die Sterbebereitung einer Lebensplanung. Und die Furcht vor dem Tod wich der Angst vor dem Sterben.

Totenschädel mit Schlange

Der Miniatur-Totenschädel mit sich hindurch windender Schlange ist als Vanitas- bzw. Memento-Mori-Objekt zu verstehen. Der Schädel versinnbildlicht den Tod. die Schlange steht für den Sündenfall Adams, durch den der Tod, nach christlicher Auffassung, in die Welt kam .

MEMENTO – In The Force Field Of Memories

The way in which people deal with loss and express their grief has individual forms. In addition to cultural characteristics and traditions and social values the remembrance and commemoration of the deceased is shaped by the unique personality and circumstances of the bereaved person. Memories are subject to constant change – depending on the situation and phase of life. Because they can fade or loose their significance many people are looking for a personal language to bring the past to life. They do this by transforming memories into actions or by elevating personal, object-like legacies to memory carriers and carefully preserving them. Solemnly, sadly, lamenting, loudly, silently, and extrovertedly, through dance and in the form of ritual actions, relatives and friends remember and commemorate their deceased. Active remembrance and commemoration fulfill comforting functions and define who and what should not be forgotten in a community.

The Voice – The Sound of the Soul

It is not visible, not tangible and yet highly present: our voice. It is simply there. Life begins with a cry, and from then on we learn to create sound, to formulate words, to communicate. Voice is individual and unique. It ages with us, and changes imperceptibly, even if we do not always perceive it. No voice is like the other. Babies hear their mother's voice while still in the womb, newborns recognize it by sound. The mother's voice, as well as the father's, are as familiar as their smell and their gestures – an essential piece of security. When a person dies, their voice also falls silent, and often, although it is such an essential part of their individuality, it is soon forgotten. Images and scenes remain in memory, the sound of the voice fades with time.

Lucy Powell (GB), "Liminal Animal", 2008

Über Jahre sammelte die Künstlerin Lucy Powell die ausgefallenen Schnurrhaare ihres Katers Eugene. Schnurrhaare, sogenannte Vibrissen, sind für Katzen lebenswichtig, da sie sich ohne diese nur schwer orientieren können; sie sind ein wichtiges Werkzeug ihres Tastsinns. Die gesammelten Schnurrhaare dienen Powell als Material für das Werk Liminal Animal. Im Oval ordnet und fixiert die Künstlerin die feinen, weißen Haare auf einem schwarzen Samtstoff, so dass deren Enden die Grenzen des Bildraums berühren und im Zentrum des Bildes ein leerer schwarzer Raum entsteht. Das abstrakte Motiv und die schwarz-weiße Optik der Schnurrhaarcollage wirken wie ein magisches Gedenkemblem, welches an den verstorbenen Kater Eugene erinnert.

Herzlich Willkommen

Herzlich willkommen! Unser wissenschaftliches Team sowie das studentische Vermittlungsteam leiten Sie durch die Ausstellung. Hinweis: Die Dauerausstellung nimmt insb. Bezug auf die christliche Sepulkralkultur im deutschsprachigen Raum. Unterschiedlichen Bestattungsformen, denen religiöse Vorschriften und Traditionen zugrunde liegen, befinden sich auf Etage 5. Dieser Bereich erhebt keinen Anspruch auf eine vollständige Repräsentation der in Deutschland vertretenen religiösen Gruppen, sondern stellt einen Überblick über einige wenige Phänomene dar. Das Museum sieht ab 2024 einer Neukonzeption entgegen, über die Sie auf sepulkralmuseum.de mehr erfahren können. Die Texte sind teils gekürzt und aufgrund der begrenzten Zeichenzahl in der männlichen Form verfasst. Diese Schreibweise schließt keine Personen aus der Auflistung von Berufsständen und anderen Nennungen aus. Ist hingegen die weibliche oder männliche Form gemeint, etwa in einigen historischen Berufsständen, ist dies jeweils genannt.

Artful Death

To this day, death is one of the most important topics in art. However, a homogenous image of death, as it can be found in medieval depictions of the Dance of Death, does not exist anymore in present-day pluralistic society. Corresponding to this development, contemporary artists deal with this topic in manifold ways. As death can only be experienced to a certain extent, artists are constantly searching for possibilities to approach this last stage of life. Or they question collective and individual efforts to perpetuate memories. Their artistic actions point out how society avoids the topic, for example by integrating archaic motifs of death in our industrialised everyday life that depends on technology. Or they question – in a slight ironic tone – the meaning behind standardised mourning and funeral rites. Artists also use the autonomy of art to conquer spaces in a world in which the scope of action is limited by laws, regulations and nominations.

Dagmar Kuhle - Vom Kirchhof zum Friedhof

Zeitgenössische Fotografie von Verstorbenen

Noch heute gibt es Fotograf*innen und Bestatter*innen, die beauftragt werden, das letzte Bild eines Menschen festzuhalten. Neben Porträtaufnahmen der Verstorbenen werden heute einfühlsame Detailaufnahmen, Texturen der Haut und der Haare, Berührungen zwischen Lebenden und Toten sowie Atmosphären und Stimmungen des Abschieds fotografisch abgebildet. Als "Sternenkinder" bezeichnet man seit den 1990er Jahren Kinder, die vor, während oder kurz nach der Geburt sterben. In Abgrenzung zu den Begriffen "Totgeburt" oder "Fehlgeburt" entwickelten Betroffene den Begriff "Sternenkind", der die Kleinstkinder in den Mittelpunkt stellt und nicht die Todesumstände betont. Die "Sternenkindfotografie" gibt Eltern, die ihr Kind früh verlieren, die Möglichkeit, eine bleibende, bildhafte Erinnerung an das verstorbene Familienmitglied zu bewahren. Vielen Dank für die Unterstützung an Stefanie Silber (Farbfotografien) und Martin Kreuels (s/w Fotografien).

Gedenkmünzen und Sterbemedaillen

Silber, Kupfer: geprägt Letztes Drittel 18. /19. Jh.Gedenkmünzen bildeten zeitgenössische Persönlichkeiten ab, wofür oftmals deren Tod Anlass bot (z.B. Ludwig van Beethoven). Weiterhin gab es Gedenkmünzen mit Totenschädeln oder anderen Symbolen der Vergänglichkeit. Sie standen im Dienst der Memento mori-Mahnung („Bedenke, dass Du sterblich bist!“) und konnten zugleich Insigne einer Leichenbruderschaft sein. Sterbemedaillen dienen hingegen zwar auch dem Gedenken, wurden aber als kleine Denkmale im Rahmen des Trauerzeremoniells und der Begräbnisfeierlichkeiten ausgegeben. Sie traten häufig im Zeitalter des Barock auf.

Gerold Eppler M.A. | Todesbilder

Digital Forms of Commemoration

Digital society takes up traditional practices of mourning and remembrance upon new possibilities. Digital technologies and the infinite amount of digital material enable mourners to deal with memories creatively. It is relatively easy to create remembrance films from images and voice messages of the deceased or to design and print photo books using algorithms and layout templates. These possibilities support mourners in finding ways from mourning to commemoration. Across cultural borders, religions, and continents, mourners who have suffered a similar loss publicly and sometimes anonymously exchange their feelings and experiences in social media, online mourning groups, and blogs. Messengers or closed chat groups in social networks allow the bereaved to mourn and share memories together with family and friends – regardless of time and space. In this way, digital forms of remembrance can sustain the mourning where it is no longer part of the living environment.

Karsten Krause (D), "You and Me", 2010

Eine Liebesgeschichte auf Schmalfilm. Karsten Krause verbindet chronologisch jene Momente, in denen eine Frau über vier Jahrzehnte auf ihren sie filmenden Ehemann zugeht. Die anfänglich junge Frau altert zusehends. Das Super-8 Filmmaterial stammt aus dem Familienarchiv des Künstlers, und die Aufnahmen wurden von seinem Großvater aufgenommen.

Kapsel für Weltraumbestattung

der SPACE SERVICE – WELTRAUMBESTATTUNGEN, Houston/USA, MusterDiese Bestattungsart wird in Deutschland seit 1997 angeboten, aber nur von den USA aus durchgeführt. Sie kann suborbital oder orbital stattfinden. Suborbital bedeutet, dass ein gesammeltes Konvolut an Aschekapseln in etwa 100 km Höhe freigesetzt wird und an einem Fallschirm zurück auf die Erde gelangt. Orbital meint hingegen, dass die Aschekapseln in eine niedrige Erdumlaufbahn gelangen, nach einiger Zeit wieder in die Erdatmosphäre eindringen und verglühen. Vielfach wird der Vollzug einer Weltraumbestattung als ein Memorial erachtet.

Sterbebett

Unbekannter Künstler Öl auf Leinwand Ende 18/Anfang 19. Jh.Der HI. Joseph galt als bevorzugter Sterbepatron, weil ihm die Gnade zuteilwurde, im Beisein von Jesus und Maria zu sterben. Aus diesem Grund wurde er in Todesnöten angerufen. Daraus resultiert auch der volksfromme Notschrei „Jesus, Maria und Joseph“.

Trauertracht

Leinen Baumwolle, Samt Seide, Wolle Ende 19. Jh.In manchen ländlichen Regionen wurde bis teilweise weit ins 20. Jahrhundert hinein zur Beerdigung und während der Trauerzeit eine eigene Trauertracht getragen. Die hier gezeigte stammt aus Lindhorst im Schaumburger Land. Die Art der Tracht richtete sich nach dem Verwandtschaftsgrad und der Länge der Trauerzeit. Beim Tod von Eltern, Kindern, Geschwistern oder Ehepartnern wurden folgende Trachten getragen: - im 1. Trauerjahr „Volltrauer“ (Tracht ist fast ausschließlich schwarz) - im 2. Trauerjahr „Halbtrauer“ (leichte Änderungen der Trachtenbestandteile) - im 3. Trauerjahr „Austrauer“ (Tracht wird heller bzw. bunter) Starben entferntere Verwandte, begann man mit der Tracht, die die „Halbtrauer“ anzeigte. Die Exponate zeigen, dass die Trauertracht der Männer gegenüber der weiblichen Tracht vergleichsweise schlicht ausfiel.

Jüdische Bestattungskultur in Deutschland

Juden siedelten wahrscheinlich schon seit der Antike im Rheinland. Der älteste judische Friedhof in Worms stammt aus dem 11 Jh.. Für die (orthodxen) Juden gilt allein die Erdbestattung als ihrem Glauben angemessen, während im Reformjudentum auch die Feuerbestattung geübt wird. Verpflichtend im jüdischen Glauben ist die dauernde Totenruhe und die Unverletzlichkeit des Grabes. Trotz des schrecklichen Holocaust, dem Millionen von Juden zum Opfer fielen, haben sich Hunderte von judischen Friedhöfen als eindrucksvolfe Zeugnisse der judischen Kultur erhalten. Durch die Neugründung van jüdischen Gemeinden in Deutschland kommt es auch zu Friedhofserweiterungen und zu Neugründungen von Friedhöfen in Trägerschaft der Jüdischen Gemeinde.

Chinesische Bestattung

Im bevölkerungsreichsten Land der Erde mit vielen ethnischen Gruppen gibt es keine mehrheitliche Religion. Die Mehrzahl der Chinesen bekennt sich zu keiner Religion. Dennoch gibt es so etwas wie eine chinesische Bestattungskultur, bei der seit einem halben Jahrhundert die traditionelle Erdbestattung aus Platz- und Geldgründen zunehmend durch die Feuerbestattung abgelöst wird. Generell wünscht man den Toten, dass sie im Jenseits alles zur Verfügung haben, was man „zum Leben“ braucht. Zu den traditionellen Grabbeigaben gehören deshalb allerlei Gegenstände aus Papier, die als Platzhalter zu ihren Vorbildern ins Jenseits mitgehen. Für die in Hamburg lebende chinesische Bevölkerungsgruppe gibt es seit 1929 einen eigenen Friedhof, der 2006 erneuert wurde. Der erste moderne chinesische Friedhof Europas wurde 2000 in Den Haag als Teil des Friedhofs Nieuw Eykenduinen eingeweiht; in Absprache mit der dortigen chinesischen Gemeinde mit Meditationspavillon und von einer Bambushecke umzäunt.

Dr. Dirk Pörschmann

Entirely black

Over time different rituals to express one's grief evolved. They mainly become visible during funerals within Christian liturgy (e.g. funeral sermon, prayers). For a long time, the most striking sign of mourning were black clothes. Their origin can be traced back to the sumptuary law issued by Charlemagne in 808. Thereafter, mourning clothes of the rich - he did not consider the ordinary people yet - were supposed to be black. This was only obligated at the funeral itself, but from the 16th century on, a long-term mourning attire evolved. In the 19th century, it would become customary in all social classes. The mourning costumes in rural areas were especially distinctive. The differences in design indicated the phase of mourning, the degree of kinship and taboos (e.g. prohibition of marriage, dance ban). Many additional artefacts of mourning emerged, also for commemoration. Accordingly, specific elements were always framed in dark colours or in black (e.g. obituaries, jewellery).

Lieblingsobjekte: Dia de Muertos

Silke D. (D), "Nachrichten an den Sohn", 2020

Silke D. verlor ihren achtzehnjährigen Sohn durch einen Autounfall. Den Austausch mit ihrem Sohn über WhatsApp führte sie auch nach dem Verlust einige Zeit weiter. Aus Angst, die digitalen Erinnerungen zu verlieren, druckte sie Screenshots des WhatsApp-Verlaufs und bewahrt diese in einem Einsteckalbum auf. WhatsApp ist zu einem wichtigen Erinnerungsmedium für Hinterbliebene geworden, da hier der Alltag mit den Verstorbenen nacherlebt werden kann. Kurze Texte, Smileys, Fotos, Sprachnachrichten und Videos sind bedeutende und lebendige Erinnerungen, die es ohne digitale Medien nicht gäbe.

Christlich-orthodoxe Friedhöfe

Innerhalb des Christentums gibt es zahlreiche verschiedene Kirchen und Konfessionen, die wichtigsten in Deutschland sind die Evangelische und die Katholische Kirche. Die Kirchen in Osteuropa werden als „orthodoxe Kirchen“ bezeichnet. Mit ca. 1,3 Millionen Gläubigen bilden sie die drittgrößte christliche Konfession in Deutschland. Sie verfügen über eigene bischöfliche Strukturen, Kirchen und vereinzelt, meist aus historischen Gründen, auch über Friedhöfe. In der Regel üben die Orthodoxen aus Glaubensgründen ausschließlich die Erdbestattung.

Vom Knochenmann zum Thanatos

Vom Mittelalter bis in die Frühe Neuzeit wurde der personifizierte Tod als Knochenmann mit oder ohne Sense, als Totenschädel oder als verwesender Leichnam dargestellt. Mit einer sich wandelnden Geisteshaltung und unter dem Einfluss der Romantik, änderte sich diese Darstellung zum Ende des 18. Jh. allerdings. An die Stelle des Furcht einflößenden Sensenmanns trat nun ein schöner Jüngling: Thanatos. In der griechischen Antike verkörperte er den Bruder des Schlafes (Hypnos). Oft stützt sich Thanatos auf eine nach unten gekehrte Fackel. Außerdem trägt er Mohnkapseln bei sich. Fackel und Mohnkapseln versinnbildlichen das verlöschende Leben und den ewigen Schlaf. Dem Thanatos-Todesbild liegt maßgeblich die Studie „Wie die Alten den Tod gebildet“ von Gotthold Ephraim Lessing (1769) zugrunde. Sie befasst sich mit dem Tod am Beispiel antiker Symbole und Altertümer. Lessing formte daraus eine neue Todesmotivik, die später in veränderten Grabmalformen und Trauerbildern sichtbar wurde (z.B. Säulen, Obelisken, Pyramiden, Sarkophage, Urnen). Sie bedeutete keinesfalls eine Abkehr vom christlichen Auferstehungsgedanken."

Bestattungskultur im Islam

Die Bestattung der Toten ist wie in allen Religionen eine heilige Handlung, die nach strengen Ritualen erfolgt. Im Islam ist traditionell nur eine Erdbestattung möglich. Der Verstorbene muss rituell gewaschen und sein Leichnam ohne Sarg mit Blickrichtung nach Mekka beigesetzt werden. Das Grab ist nach muslimischer Auffassung dauerhaft und darf nicht gestört werden. Aus Respekt vor der Totenruhe unterbleibt nahezu jede Form von Grabschmuck und Grabpflege - ganz im Gegensatz zu der deutsch-christlichen Friedhofskultur. Viele türkischstämmige Muslime veranlassen, nach ihrem Tod in der Türkei beigesetzt zu werden, worauf sich Bestattungsinstitute spezialisiert haben. Dies dürfte vor allem auch auf die mangelhaften Möglichkeiten einer religiös korrekt ausgeführten Bestattung in Deutschland zurückzuführen sein, denn auf den meisten Friedhöfen herrscht u.a. noch immer Sargpflicht und auch die Blickrichtung kann aufgrund fester Grabreihen teils nicht eingehalten werden.

Stockhausener Särge

Als Erbbegräbnis der Familie Stockhausen diente die Sakristei der evangelischen Kirche in Trendelburg. Die Grablege wurde wegen Renovierung der Kirche 1977/78 geräumt. Die Särge gelangten zunächst ins Hessische Landesmuseum nach Kassel, später ins Museum für Sepulkralkultur. Bis Ende des 18. Jh. weisen die Särge eine reichhaltige Ikonografie, vor allem Vergänglichkeitssymbole auf. Vereinzelt abgebildet sind auch Engel-Köpfe, die das Seelengeleit sowie die Hoffnung auf Auferstehung symbolisieren. Auch Sterne kommen vor, die für den Himmel als Aufenthaltsort der Seele sowie für das geistige Licht im Gegensatz zur Finsternis stehen. Gestaltungsmerkmale sind außerdem das Familienwappen, Bibelverse sowie biografische Angaben. Erst die Särge des 19. Jh. sind schmucklos und ohne Inschriften. In den Särgen wurden auch verschiedene Kräuter gefunden. Sie sollten den Verwesungsgeruch überdecken. Mit Stroh gefüllte Kissen und aus Hobelspäne waren hingegen dafür gedacht, Flüssigkeit aufzusaugen.

„Spiegel OM WEL TE STERVEN“

loannes Stichter Amsterdam 1694Das Buch zählt zu den bekanntesten Beispielen der Literaturgattung „Ars moriendia“ (die Kunst des guten bzw. richtigen Sterbens). Es ist eine Art Ratgeberliteratur, die die Gefahren der Sterbestunde erläutert und Anweisungen zum guten und richtigen Verhalten im Sterben gibt.

Jaan Toomik (EST), "Dancing with Dad", 2003

"Dancing With Dad" ist ein symbolischer Tanz des Künstlers mit seinem Vater, der 1971 starb und denselben Namen trug. In Wirklichkeit hatte Jaan Toomik als Erwachsener nie die Gelegenheit, mit seinem Vater zu tanzen, da dieser starb, als er neun Jahre alt war. Der Tanz auf dem Grab des Vaters ist der Versuch, Kontakt zu ihm herzustellen und bestehende Tabus zu überwinden. Begleitet wurde der Tanz von Jimi Hendrix‘ Song "Voodoo Child".

Rolf Feldmann (D), "In Memoriam to Francesca Feldmann", 2020

Utensilien zur Pflege und Herrichtung des Leichnams

Schminke Geruchsblocker, Augenkappen, Watte Augenkappe, Kinnstütze, Einstreu 2008Bestatter haben unter anderem die Aufgabe, einen Leichnam zu waschen, zu kämmen und ggf. zu rasieren. Manchmal müssen auch Wunden genäht und kaschiert werden. Geschminkt wird in der Regel nur dezent. Mithilfe von gewölbten Augenkappen, die unter das Lid geführt werden, bleiben die Augen geschlossen. Das Schließen des Mundes erfolgt mittels Kinnstütze, die den Unterkiefer nach oben drückt. Eine Kinnstütze wird nur kurz nach Todeseintritt verwendet, wenn Angehörige den Verstorbenen noch einmal sehen möchten. Der Mund selbst wird mit Füllwatte ausgeformt. Später wird der Mund vernäht. Nachdem der Verstorbene angekleidet worden ist, wird er in den Sarg gelegt. Dieser enthält neben der Sargwäsche ein flüssigkeitsbindendes Einstreumittel. Außerdem werden Geruchblocker verwendet, die versprüht oder unter die Sargdecke gegeben werden.

Buddhistische Friedhöfe in Deutschland

Mit der wachsenden Anzahl von Buddhisten bzw. von Menschen, die sich der Lehre des Buddhas nahe stehend fühlen, wurden in den vergangenen Jahren in Deutschland und Österreich buddhistische Friedhöfe angelegt. Sie befinden sich in Hannover, Berlin und Wien. Diese Friedhöfe mit ihrer spezifisch buddhistischen Symbolik bieten sich auch als Ort der Besinnung und der Kontemplation an. Aus buddhistischer Sicht ist ein Friedhof ein Ort, um sich die Vergänglichkeit alles bedingt Entstandenem bewusst zu machen. Die Einzigartigkeit jedes menschlichen Lebens wird damit in den universellen Kontext der Bedingtheit und Vergänglichkeit aller Dinge gestellt, eine Kernbotschaft der Lehre des Buddhas.

Der "moderne" Friedhof

Seit Ende des 18. Jh. entsteht der Friedhof, dessen Struktur bis heute für öffentliche Friedhöfe prägend ist. Er dient der geordneten und hygienisch unbedenklichen Bestattung der Toten. Die Anlage ist regelmäßig, und die Friedhofsfläche wird durch rechtwinklige Wegachsen erschlossen. Bepflanzungen mit Bäumen dienten zunächst der „Lufthygiene“ und sollten verhindern, dass Verwesungsdünste in die Stadt ziehen. Erst gegen Ende des Jahrhunderts mehren sich Stimmen, die Bepflanzung auch zur Verschönerung des Friedhofs zu nutzen. Eine Grabbepflanzung im heutigen Sinne entsteht erst nach der Mitte des 19. Jh. Voraussetzung war der Wegfall der Glassteuer 11848, die es Gärtnern erlaubte, entsprechende Pflanzen wirtschaftlich zu produzieren. Der Alte Friedhof in Bonn wurde außerhalb der Stadt in einem von Straßen umschlossenen Grundstück angelegt. Die Binnengliederung erfolgte durch zwei sich rechtwinklig kreuzende Wegachsen. Auch der Friedhof Köln-Melaten zeigt eine einfache Binnengliederung.

Dr. Ulrike Neurath | Särge

Vanitas-Stillleben

Vanitas (lat. Eitelkeit, auch Nichtigkeit, Vergänglichkeit) bedeutet, im Angesicht des Todes Besitztum bzw. Reichtum nicht als oberstes ideelles Gut zu erklären. Mit verschiedenen Vergänglichkeitssymbolen, z.B. Totenschädel, Seifenblasen, abgeschnittene Ähren oder auch einer heruntergebrannten Kerze wird auf die Endlichkeit irdischen Lebens aufmerksam gemacht. Eine gottgefällige Lebensführung sollte nämlich das wesentliche Lebensziel sein, da es in der Erfahrung des Seelenheils seine Belohnung findet.

(Neu-)Heiden

Die Rückbesinnung auf germanische und keltische Traditionen hat vor allem in Skandinavien, mittlerweile aber auch in Deutschland zu einer Reorganisation des Heidentums geführt. In den skandinavischen Ländern haben sie inzwischen den Status einer anerkannten Religionsgemeinschaft: In Island (seit 1973), in Norwegen (seit 1996), in Dänemark (seit 2003) und in Schweden (seit 2007). So können die Heiden inzwischen eigene Friedhöfe (u.a. in Reykjavik, Oslo oder Odense) betreiben, ein Heidentempel in Reykjavik ist in Planung. So sind auch in Deutschland in Zukunft heidnische Begräbnisplätze zu erwarten. Ihre Trauerzeremonie nennen die (Neu-) Heiden „Totenleite“ und die überwiegend, aber nicht ausschließlich geübte Kremation bezeichnen sie als „Feuerehrung“. Zur Bestattung wird ein Blót gefeiert, und ihre Verstorbenen gehen ein in Walhal.

The Shroud

Preparing for your own death: most people in present-day society dread it, whereas many people in past times faced it straightforward. There can be purely material preparations. In that regard it was not unusual to buy your own coffin or shroud during your lifetime. Until the beginning of the 20th century the shroud was part of a dowry. Contemporary designer take up this long since forgotten tradition by creating shrouds that express a person’s individuality. Thus, they oppose the backless gowns (in German: Talare) used by undertakers for mostly practical reasons. Providing for one’s death also included financing one’s own funeral. By joining a guild or a brotherhood and paying them a regular fee, it was possible to secure the expenses for the burial- Moreover, those guilds or brotherhoods took certain measures to guarantee the salvation of the deceased member. These days it is necessary to join a death benefits fund in order to financially ensure your own funeral.

Dr. Dirk Pörschmann

Lorenz Widmaier (D), "Ghosts on Google Maps", 2020

Leslie Yajaira aus North Carolina entdeckte im Januar 2020 ihren verstorbenen Großvater über den Online-Kartendienst Google Maps, indem sie das Haus, wo er lebte, online aufsuchte. Auf Twitter veröffentlichte sie ein Video, das diese Suche dokumentiert. Der Tweet erhielt bis August 432.700 Likes. Als Antwort tweeteten auch andere Videos und Fotos ihrer Verstorbenen, die sie auf Google Maps fanden. Die Videoarbeit vereint neun dieser Tweets. Die weltweit wachsenden Datenmengen sind nicht nüchtern wie deren Rechenzentren, sondern durchwoben von Geschichten und Erinnerungen, die häufig verborgen bleiben, um dann wieder entdeckt zu werden. Die einfache Abrufbarkeit der Daten, losgelöst von Zeit und Ort, stellt neue Fragen an die Privatsphäre und erklärt die geisterhafte Erscheinung der Verstorbenen in den Videos.

Schmuck-Urne

für Fußball-Fans des Hamburger Sportvereins HSV, in den Vereinsfarben und mit VereinsemblemAls erster Fußball-Verein Deutschlands hat der Hamburger SV seit 2008 einen Fanfriedhof eingeweiht. Der Friedhof liegt in unmittelbarer Nähe zur Westtribüne der Arena am Volkspark auf dem kommunalen Friedhof Altona. Zur Fanbestattung zählen natürlich ein entsprechender Sarg und eine Urne in den Vereinsfarben. Auch für die Fans von Borussia Dortmund und Schalke 04 gibt es ähnliche sepulkrale Requisiten.

Historische Totenfotografie

Die Erfindung der Fotografie im 19. Jahrhundert erweitert die Tradition der bildnerischen und skulpturalen Wiedergabe von Toten durch ein weiteres Medium. Das Interesse, mittels dieses neuen Verfahrens ein Abbild von einem Verstorbenen zu erschaffen, war groß. Zu diesem Zweck wurde der Verstorbene oftmals wie ein Lebender inszeniert, zumal meist keine Fotografien zu Lebzeiten entstanden sind. Im 19. Jahrhundert wurden zahlreiche Kinder tot geboren oder starben im Kleinkindalter. Das fotografische Totenbildnis wurde somit auch zum einzigen Erinnerungsträger an das verstorbene Familienmitglied. Die Abschiednahme bot zudem Anlass, neben dem kleinen aufgebahrten Leichnam die gesamte Familie abzulichten. Die hier gezeigten Fotografien stammen ungefähr aus der Zeit 1900 – 1940. Die Post-Mortem-Fotografie ist eine vorrangig bürgerliche Form der Erinnerungskultur, die den Einfluss technischer Neuheiten und Entwicklungen auf den Umgang mit dem Leichnam verdeutlicht.

Lieblingsobjekte: Regalsarg

Industrialisierung der Grabmalkultur

Die industrielle Herstellung von Grabzeichen hatte zwar bereits im 19. Jh. begonnen, aber erst seit der zweiten Hälfte des 20. Jh. dominiert die maschinelle Fertigung von Naturstein. Auch hat sich durch Importe die Palette von Gesteinsarten stark erhöht. Insbesondere aus Indien und China werden fertig produzierte Grabmale importiert. Etwa ein bis zwei Drittel des deutschen Marktes werden durch solche Importe gedeckt, während die heimische Naturstein-Grabmalindustrie schwere Einbußen erlitten hat. Die Möglichkeiten der maschinellen Grabstein-Fertigung und die überwiegende Verwendung von Granit haben zu einer Standardisierung der Grabmalformen geführt und zum Niedergang der Friedhofskultur beigetragen. Trotz des wirtschaftlichen Aufschwungs sind in Indien noch immer viele Familien auf die Arbeitskraft ihrer Kinder angewiesen. Rund 13 Millionen Minderjährige zwischen fünf und 14 Jahren schuften in Steinbrüchen und Fabriken – bis zu zwölf Stunden am Tag.

In the service of Dying and Death

When a person has died and death has been confirmed by a doctor a funeral has to be organised. In past times, it was a family's duty, today undertaker take care of it. Up to the 20th century neighbours used to offer their assistance. Moreover, practical help was offered by female funeral bidders who would wash and prepare the corpses. Funeral bidders would then announce the death and invite people to the funeral on behalf of the family members. The undertaker as a profession only emerged in the course of the 20th century. Its origins can be traced back to the carrier trade and the carpenter's trade, because coffins often were ordered from them. Additionally, they often helped with organizational tasks linked to a funeral. Nowadays, there are many other professions connected to dying and death, including health and geatric nurses and hospice workers. They work in institutions, which by now have become common places of dying. It has become rare to die in one's own house.

Spirits, Souls, Ancestors – The Presence of the Absent

The hope for resurrection or life after death manifests itself in different religions and cosmologies. The atheistic idea that the earthly life ends upon death, stands against the divine promise of rebirth or afterlife. These ideas are based on the hope that death does not only mean the end of life on earth, but also marks a transition to another world. So it depends on our faith, culture and personality, in which form we get in touch or live with the deceased. Ancestor worship is considered one of the oldest spiritual concepts within human history. It is based on relationships between the living and the dead, as spirits. The older the deceased ancestors become, the more they attain divine status. In many cultures, this ancestor cult was and is ritually manifested and is thus an essential part of cultural identity. The dead are venerated and given offerings. i.e. to make them gracious and benevolent.

Lieblingsobjekte: Zwei Tödlein

Särge aus Ghana

In den westafrikanischen Staaten Ghana, Togo und Benin lebt die Volksgruppe der Ga, in deren Religion der Ahnenkult eine wichtige Rolle spielt. Neben den Göttern sind die Ahnen die Garanten für ein gutes Leben und eine gelingende Gemeinschaft. Ihre Beerdigung dient dem Übergang von der irdischen Welt in die Welt der Ahnen, wobei man keinen Aufwand scheut. Beerdigungen dauern in der Regel mehrere Tage, wobei geklagt und getanzt, gegessen und getrunken wird. Vor über 50 Jahren begann der Sargschreiner Ataa Oko Beerdigung in Ghana mit der Herstellung figürlicher Särge, die rasch Eingang in die Bestattungskultur der Ga gefunden haben. Zur Vollendung gebracht wurden die Figurensärge seit den 1970er Jahren durch die Schreinerei von Kane Kwei, und mittlerweile werden sie weltweit auch als Kunstobjekte geschätzt. Die Särge sind individuell auf den Beruf oder die Vorlieben des Verstorbenen abgestimmt und können jede erdenkliche Form annehmen.

Die Verbürgerlichung der Friedhofskultur im 19. Jhd.

Galt bisher das eigene Grab mit Grabmal als Privileg des Adel, Klerus und sozialer Oberschicht, so werden sie im 19. Jh. zu einem Teil des erstarkten Bürgertums. In stereotypischen Formen historischer Stile werden Familien- und Erbbegräbnisse errichtet und mit Grabgittern umzäunt. Die Reproduzierbarkeit des Kunstwerks durch Zinkguss und Galvanoplastiken ermöglicht die Nachahmung von Grabfiguren. Weitere neue Techniken wie das Gusseisenverfahren erlauben es auch unteren sozialen Schichten, ein eigenes Grabmal zu errichten. Vor diesem Hintergrund kann das 19. Jh. als Höhepunkt der Friedhofskultur gelten, und aus dieser Zeit stammen die meisten „historischen Friedhöfe“, deren Charme wir heute schätzen. Andererseits kann man in der nun beginnenden „Versteinerung“ und „Vermassung“ den Beginn eines Niedergangs sehen. Industrielle Formen verdrängen handwerkliche und künstlerische Gestaltungen. Besonderes beliebt waren die relativ billigen, industriell herstellbaren galvanoplastischen Figuren.

Christliche Bestattung

Traditionell ist die christliche Bestattung seit der Antike eine Erdbestattung. Karl der Große (um 800) hatte die Feuerbestattung in seinem Reich verboten. Man hielt es für unangemessen, den Leib, dessen Auferstehung erwartet wurde, zu verbrennen. Mit der Wiedereinführung der Feuerbestattung im letzten Drittel des 19. Jh. war die Kremation in kirchlichen Kreisen umstritten. Die evangelische Kirche duldete die Kremation schon in der Anfangszeit, während die katholische Kirche bis 1963 an ihrem Verbot festhielt. Heute ist Feuerbestattung mit einem Anteil von über 60 % eine übliche Bestattungsform und wird von beiden Kirchen uneingeschränkt akzeptiert.

Lieblingsobjekte: Großvater geht

From Grim Reaper to Thanatos

From the Middle Ages till the Early Modern Era, death has been depicted as a skeleton, sometimes carrying a scythe, as a skull or a decaying corpse. However, due to changing attitudes and influenced by the Romantic Period, the image transformed at the end of the 18th century. The terrifying Grim Reaper was replaced by the beautiful youth Thanatos. In ancient Greece he embodied the brother of Sleep. Thanatos is often depicted leaning on a torch which is pointing downwards. He also carries poppy seed capsules. Both symbolize fading life and eternal sleep. The portrayal of Thanatos as an incarnation of death mostly derives from the study “Wie die Alten den Tod gebildet” (How the Ancients depicted Death) by G. E. Lessing (1769). It delves into the topic of death by analysing antique symbols and relics. Based on this, Lessing created a new motif of death, which later on became visible in changing forms of memorials and depictions of mourning. Those by no means expressed a rejection of the Christian belief of resurrection, though.

Familienhörbuch

Jaan Toomik (EST), "Dancing with Dad", 2003

Memorialschmuck - Ringe und Schmuckdose

Silber, Gold, Perlen, Haar 18. Jh.Im Zeitalter der Aufklärung und sog. „Empfindsamkeit“, besonders zwischen 1780 und 1848 fand die Vanitas-Motivik Eingang in Schmuckstücke. D.h. Vergänglichkeitssymbole wie Gräber und Urnen wurden insbesondere auf Ringen abgebildet. Dadurch sollte im Sinne des „Memento mori“ (lat.: „Bedenke, dass Du sterben wirst!“) an die irdische Endlichkeit erinnert werden.

Dr. Ulrike Neurath

Der mittelalterliche Kirchhof

Seit Karl dem Großen war es Gesetz, die Toten auf den Friedhöfen bei den Kirchen zu bestatten; und die Feuerbestattung war verboten. Der Kirchhof war ein heiliger Ort, und die Nähe der Toten zu den Reliquien in der Kirche galt als notwendig für die Auferstehung. Die Gräber waren einfache Gruben, häufig Massengräber, die nicht gekennzeichnet und gepflegt waren. Wichtig war nicht das Grab, sondern das liturgische Totengedenken. Wurden die Kirchhöfe zu klein, wurden für Neubelegungen die Gebeine exhumiert und in Beinhäuser verbracht. Der H. Knoblochtzer zugeschriebene Holzschnitt (ca. 1488) zeigt das idealtypische Bild eines mittelalterlichen Friedhofs als »Lebensraum« der Toten, die hier sehr lebendig dargestellt sind. Um ihre Welt von der Welt der Lebenden zu trennen, ist die Friedhofsmauer unverzichtbar. Die „gefährdete“ Schnittstelle zwischen Toten und Lebenden, der Eingang, ist durch einen Beinbrecher (auch Hexengitter genannt) gesichert, den die Toten nicht überschreiten können.

Dr. Ulrike Neurath | Trauerkleidung

Schädel-Armreif mit Blechkiste - Bernhard Schobinger

Glas Blech 2008Der Schweizer Schmuckdesigner Bernhard Schobinger erschafft seine Kreationen häufig aus Abfall und Alltagsgegenständen. Der Armreif entstand aus dem Glas grüner Giftflaschen aus Drogerien und Apotheken früherer Jahrzehnte. Aufgrund der darin aufbewahrten hochgiftigen Inhalte (z.B. Salmiak, Ameisen- oder Salzsäure) waren solche Flaschen mit einem Totenschädel über gekreuztem Gebein gekennzeichnet. Umgestaltet zu einem Schmuckstück liest sich das Motiv hingegen als Mahnung an die Vergänglichikeit (Memento mori) und ist dennoch dekorativ. Da der Begriff „gift“ im Englischen „Geschenk“ bedeutet, wird zusätzlich „eine todesverachtende Tollkühnheit“ (B. Schobinger) zum Ausdruck gebracht.

Totentanz Harald Naegli

Foto von Graffiti 1981 (?)Der Schweizer Harald Naegli wurde Ende der 1970er Jahre als „Sprayer von Zürich“ bekannt. Nicht nur dort, sondern auch im Kölner Stadtbild hinterließ er 1980/81 seine gesprayten Totentänze. Die Stadtreiniger entfernten sie immer wieder. Eine Ausnahme bildet das Gerippe am zugemauerten Portal der St. Caecilienkirche, hinter dem sich das Schnütgen-Museum für mittelalterliche Kunst befindet. Auch das Museum für Sepulkralkultur besitzt zwei original gesprayte Totentänze von Naegli an der Außenfassade der Museums.

Gerold Eppler M.A.

Dr. Ulrike Neurath | Stockhausen Särge

Lorenz Widmaier (D), "Ghosts on Google Maps", 2020

Blumenbukette

Blech: farbig gefasst Frühes 20. Jh.Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jh. setzten sich frische Schnittblumen als Grabzierde in Vasen durch. Zuvor wurden oft künstliche Blumen und Bukette verwendet, z.B. aus Papier oder Blech.

Rolf Feldmann (D), "In Memoriam to Francesca Feldmann", 2020

"Diesen Film erstellte ich in Erinnerung an meine geliebte Tochter. Friedlich und völlig unerwartet wurde Franci am 19. August 2015 aus ihrem und unserem Leben genommen. Ihren Freunden rund um den Globus möge dieser Film an die gemeinsamen Momente mit Francesca erinnern. Ich hoffe, damit auch meine Trauer und den damit verbundenen Schmerz besser verarbeiten zu können." – Rolf Feldmann Rolf Feldmann gestaltete zunächst ein Buch, das die eigenen Erinnerungen an seine Tochter, aber auch jene aus ihrem (digitalen) Nachlass zeigt: Fotos, Texte, Briefe oder Facebook- Posts. Auf Basis dieses Buches schnitt er einen Film, den er auf YouTube veröffentlichte. Er sagt: "Für mich ist das Internet mittlerweile zu etwas geworden, von dem ich sage, okay, wenn auch ich weg bin, dann bleibt da noch etwas für die Ewigkeit."

Sterbe- und Standkreuze

Holz, Metall, Silber, Alabaster 18/19. Jh.Dem Sterbenden diente ein in seine Hände gelegtes Kreuz als Beistand und gelangte mit dessen Tod häufig mit in den Sarg. Sterbekreuze sind relativ schlicht und häufig mit dem Gekreuzigten sowie der Inschrift „lNRI“ (lesus Nazarenus Rex ludaeorum: Jesus von Nazareth, König der Juden) versehen. Kleine Standkreuze sind hingegen sichtbarer Ausdruck von Frömmigkeit und werden im privaten Bereich aufgestellt.

Totenzettel

Lithografien 19. Jh.Totenzettel, auch Sterbebildchen genannt, sind eine besondere Form des Totengedenkens im Katholizismus. Sie wurden bzw. werden während der Trauerfeier an die Trauergemeinde herausgegeben oder mit den Danksagungskarten verschickt. Sie dienen der Erinnerung und als Aufruf zum Gebet für die Seele des Verstorbenen. So lange jeder Kirchenbesucher sein eigenes Gebetbuch besaß, wurden die ausgegebenen Totenzettel dort hineingelegt und aufbewahrt.

Karsten Krause (D), "You and Me", 2010

Totenwaschschüssel

Irdenware; glasiert 2. Hälfte 19. Jh.Bis zur Etablierung des Bestatterberufs ab Ende des 19. Jahrhunderts, oblag die Totenfürsorge einschließlich Leichenpflege der Familie. Zur Leichenpflege gehörten Toilettenartikel wie Bürste, Kamm, Seife, Waschtücher, Rasiermesser und auch eine Waschschüssel. Nach ihrer Benutzung wurde sie zerschlagen oder ein Loch in deren Boden getrieben und aufbewahrt. Dies geschah, weil die Schüssel mit dem toten, als unrein angesehenen Körper in Berührung gekommen war und deshalb unbrauchbar gemacht werden musste, um Unheil abzuwenden. Die übrigen mit dem Leichnam in Berührung gekommenen Toilettenartikel wurden in den Sarg gelegt.

Das "Letzte Hemd"

Wovor sich heute die Menschen scheuen, dem haben sich früher viele gestellt: der eigenen Todesvorsorge. So war der eigene Sarg zu Lebzeiten keine Seltenheit und schon gar nicht der Besitz eigener Totenkleidung. Bis Anfang des 20. Jh. gehörte das „Letzte Hemd“ sogar zur Aussteuer. Zeitgenössische Designer knüpfen an diese längst vergessene Sitte an, indem sie Totenkleidung entwerfen, die der Individualität eines Menschen Ausdruck verleihen sollen. Damit bilden sie einen Gegensatz zur rückenfrei geschnittenen Sterbewäsche (sog. Talare), die Bestatter hauptsächlich aus pragmatischen Gründen verwenden. Zur Vorsorge zählte auch die Finanzierung der eigenen Bestattung. War man Mitglied in einer Zunft oder Bruderschaft, konnten über eine regelmäßige Einzahlung die Kosten für das eigene Begräbnis sichergestellt werden. Heute muss man einer Sterbekasse beitreten, um die eigene Bestattung finanziell abzusichern. Alternativ dazu bieten auch Bestattungsinstitute und Versicherungen Vorsorgeverträge an.

Buddhismus

Nach Christentum, Islam und Hinduismus ist der Buddhismus mit geschätzt bis zu einer halben Milliarde Gläubiger die aktuell viert größte Religion der Welt. Die Lehrtradition beruft sich auf Siddhartha Gautama, den historischen Buddha (gest. ca. 544 v. u. Z.) und verbreitete sich in den folgenden Jahrhunderten in Indien und Zentralasien. Nach der buddhistischen Lehre ist jedes Lebewesen einem endlosen Kreislauf (Samsara) von Geburt und Wiedergeburt unterworfen. Ziel von Buddhisten ist es, durch ethisches Verhalten, die Kultivierung der Tugenden, die Praxis der „Versenkung“ (Meditation) und die Entwicklung von Mitgefühl und Weisheit aus diesem Kreislauf herauszutreten. Auf diesem Weg sollen Leid und Unvollkommenheit überwunden und durch Einsicht der Zustand des Nirwana realisiert werden.

Dr. Ulrike Neurath

Die Trauerfeier hat in aller Stille stattgefunden…

Der Lebensweg eines Menschen wurde früher mit einem christlichen oder, wie man es auch nannte, mit einem ehrlichen Begräbnis vollendet. Aus jeder Familie nahm mindestens einer am Leichenbegängnis teil, und wer dem Leichenzug begegnete, zog den Hut und blieb einen Moment stehen. Mit einem ehrlichen Begräbnis ist eine Bestattung gemeint, die traditionell öffentlich auf dem Friedhof begangen wird. Ausgeschlossen von einem solchen Begräbnis waren z.B. Verbrecher, Ungetaufte oder die Angehörigen sog. unehrlicher Berufe. Heute finden viele Bestattungsfeiern im engsten Familienkreis statt. Eine zunehmende Zahl von Menschen wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit und ohne jede Feier bestattet, z.B. bei der Bestattung von Obdachlosen. Dies nennen die Bestatter „einfacher Abtrag“. Auch die Kondolenz ist keine Selbstverständlichkeit mehr. Immer häufiger formulieren Todesanzeigen: „Von Trauerbezeugungen am Grab bitten wir Abstand zu nehmen.“